Innerhalb von 14 Tagen muss es eine Rahmenvereinbarung für den Brexit geben. Dieses Ultimatum setzte gestern EU-Chefverhandler Michel Barnier Großbritannien. Sonst könne man im Dezember keine Gesprächen zu den künftigen Beziehungen beginnen.

Herr Botschafter, warum laufen die EU-Austritts-Verhandlungen mit Ihrem Land derart zäh?
LEIGH TURNER: Natürlich ist das eine harte Verhandlung. Beide Seiten wollen die bestmögliche Lösung für sich. Wenn es nach dem Brexit keine Handelshemmnisse zwischen Großbritannien und Resteuropa gibt, ist das gut für beide Seiten.

Aber das zu verhandeln hängt jetzt in der Luft, weil Bürgerrechte, Gerichtszuständigkeit und Finanzen noch ungeklärt sind.
Es war so vereinbart, dass wir zuerst über diese drei Austrittsfragen reden. Ich beobachte überall gute Fortschritte. Bei den Bürgerrechten sehe ich alles erledigt, da gibt es eine gemeinsame Tabelle im Internet, was schon vereinbart ist.

Welcher Punkt der Bürgerrechte ist aus Ihrer Sicht noch offen?
Offen ist, ob in Großbritannien ansässige EU-Bürger, die nach dem Brexit zwei Jahre woanders leben, wieder in Großbritannien leben können. Das ist jetzt unmöglich. Wir sagen: ja, wenn dann auch ein britischer Staatsbürger von einem EU-Land in ein anders wechseln kann. Das haben wir vor über einem Monat vorgeschlagen, aber die EU hat noch nicht reagiert.

Das wäre wie vor dem Brexit.
Ja, aber mit diesem Austausch wäre das erledigt. So wie bereits das Prinzip, dass bleiben kann, wer schon da ist. In der Justiz will die EU als letzte Instanz den Europäischen Gerichtshof. Das ist unlogisch, dass nur eine Seite über Rechtsfälle von EU-Bürgern in Großbritannien oder von britischen Bürgern in der EU entscheidet.

Beim Geld wollen viele in der EU einen harten Brexit.
Natürlich wollen die restlichen 27 EU-Staaten von Großbritannien so viel Geld wie möglich.

60 Milliarden hätten wir lieber in Pfund als in Euro.
Der Pfund ist eine starke Währung (lacht). Über Summen redet beim Brexit noch niemand. Aber auch da gibt es Fortschritte. Ministerpräsidentin Theresa May sagte in ihrer Florenz-Rede, wir sind bereit, genug zu zahlen, dass kein Land mehr oder weniger für das EU-Budget zahlen muss als bisher.

Aber die 60 Milliarden Euro sind ja kein Schlossgespenst von Windsor Castle, das berichten ja die britischen Medien.
In den Medien gibt es viele Zahlen. Wir verhandeln nicht über Zahlen, sondern über Prinzipien. Auch die EU-Kommission erwartet jetzt nicht Zahlen, sondern dass genügend Fortschritte erzielt wurden, dass wir über die Zukunft reden. Wir sahen das schon im Oktober erfüllt. Im Europarat muss im Dezember entschieden werden, dass wir über die Zukunft reden.

Was sagen Sie zur neuen politischen Landkarte in Österreich?
Eine starke und effektive Regierung in Österreich ist für uns sehr wichtig, so wie eine effektive EU. Wir schauen mit Interesse auf die neue Formation.

Was erwarten Sie von Österreich zum Brexit, wenn es Mitte 2018 den EU-Vorsitz übernimmt?
Ich erwarte einen positiven Beitrag, Österreich ist in Sachen Außenpolitik gut organisiert. Ich bin zuversichtlich, dass wir in der Zeit zu einem guten Ergebnis mit den EU-27 kommen.

Was erwarten Sie während dieser EU-Präsidentschaft vom absehbaren Kanzler Sebastian Kurz zu den Brexit-Verhandungen?
Ein Bundeskanzler Kurz wäre der jüngste Regierungschef in Europa. Wir hatten im 19. Jahrhundert mit William Pitt einen noch jüngeren. Der war sehr effektiv. Das wird Kurz auch sein. Er kann beim EU-Vorsitz viel zu einer guten Lösung beitragen