Nach sechsjähriger Pause werden bei Magna Steyr in Graz wieder Modelle der Kernmarke BMW vom Band laufen. Die Rede ist von der neuen Limousine der 5er-Reihe. Können Sie das bestätigen?
OLIVER ZIPSE: Ja, das kann ich bestätigen. Magna Steyr übernimmt zum ersten Mal Produktionsumfänge der BMW 5er Limousine. Graz wird neben unserem Werk in Dingolfing der zweite Standort, an dem wir Modelle der 5er-Reihe für den Weltmarkt bauen. Damit erreichen wir innerhalb unseres weltweiten Produktionsnetzes eine hohe Flexibilität. Die Zusammenarbeit mit unserem langjährigen Partner Magna Steyr gibt uns die Möglichkeit, agil auf die erwartete hohe Kundennachfrage nach der weltweit erfolgreichsten Business-Limousine zu reagieren.
Wurde der X3 von 2003 bis 2010 ausschließlich in Graz montiert, spricht man diesmal von einer Splitfertigung. Graz ist neben dem BMW-Werk Dingolfing der zweite Produktionsstandort des neuen 5er. Werden nun in Graz je nach Nachfrage nur die Produktionsspitzen abgedeckt, oder gibt es doch fixe Jahresvolumina? Man hört von Produktionszahlen bis zu 80.000 Stück pro Jahr.
ZIPSE: Ich bitte um Verständnis, dass wir generell nicht über geplante Stückzahlen sprechen, die ja vor allem von der Marktnachfrage abhängen. Wir haben zwischen Dingolfing und Graz eine feste Produktionsverteilung vereinbart. Dingolfing wird dabei von der 5er Limousine etwas mehr Einheiten produzieren. Alle Generationen der Reihe haben wir bisher in Dingolfing gebaut. Unser Werk in Niederbayern ist in den letzten Jahren stark gewachsen und produziert jährlich rund 350.000 Fahrzeuge. Die Stückzahlen, die wir beim 5er erwarten, kann der Standort aber nicht mehr alleine stemmen. Dingolfing als Kompetenzzentrum für die Fertigung unserer oberen Baureihen wird beim Anlauf eng mit Graz zusammenarbeiten.
Der Wagen soll seine Weltpremiere im Jänner bei der Detroit Motor Show haben und Anfang 2017 auf die Straße kommen. Wann läuft die Produktion in Graz an, und wann sollte die Fertigung die Volllast erreichen?
ZIPSE: Ende des Jahres starten wir zunächst mit der Fertigung in Dingolfing. Die Produktion bei Magna beginnt Anfang 2017 und erreicht nach wenigen Monaten die Kammlinie.
Läuft dieser Vertrag über den kompletten Modellzyklus?
ZIPSE: Ja, der Vertrag mit Magna zum Bau der 5er Limousine läuft den gesamten Zyklus.
Man spricht auch von einem zweiten BMW-Modell, das ab 2018 in Graz gebaut werden soll. Dabei soll es sich um die Neuauflage des Sportwagens Z4 handeln, einem Plattform-Kooperationsprojekt mit Toyota, deren Sportwagen Supra ebenfalls bei Magna gebaut werden soll. Können Sie dazu auch schon etwas sagen?
ZIPSE: Es stimmt, dass die BMW Group zusammen mit Toyota an der Entwicklung einer gemeinsamen Plattform für einen mittelgroßen Sportwagen arbeitet. Wann und wo dieser Sportwagen gebaut wird, können wir heute leider noch nicht verraten.
Die beiden BMW-Modelle sollen das Volumen der auslaufenden Mini-Jobs kompensieren. Ist es so? Und könnte sich die Erfolgsstory, die seinerzeit der X3 schrieb, wiederholen?
ZIPSE: Ich bin mir sicher, dass der neue 5er ein großer Erfolg wird und Magna hohe Volumen fertigen wird. Auch die nächste Generation wird im Business-Segment wieder führend bei der Fahrdynamik und Konnektivität sein. Darüber hinaus bietet das neue Modell Fahrer-Assistenzsysteme, die ein wichtiger Schritt hin zum autonomen Fahren sind. Der 5er wird seine Erfolgsstory fortsetzen.
Ist Magna auch in die Entwicklung der Fahrzeuge eingebunden?
ZIPSE: Neben der hohen Produktionskompetenz verfügt Magna Steyr auch über Know-how in der Entwicklung. Magna wird bei einigen Teilumfängen als Partner eingebunden sein.
BMW ist ein Vorreiter in der Elektromobilität. Denkbar, dass Ihr Konzern auch ein E-Auto in Graz bauen lässt?
ZIPSE: Derzeit gibt es solche Pläne nicht.
Welche Rolle spielt Magna Steyr generell als Fertigungspartner für die BMW Group? Gibt es eine langfristige Strategie?
ZIPSE: Wir sehen Magna Steyr definitiv langfristig als einen strategischen Partner. Die Zusammenarbeit ist sehr konstruktiv und hat bisher viele innovative Ideen hervorgebracht.
Gäbe es vonseiten BMW Berührungsängste, wenn Wettbewerber bei Magna vergleichbare Fahrzeugtypen auch in Graz bauen lassen?
ZIPSE: Nein, wir hätten keine Berührungsängste.
BMW zählt zu den wichtigsten Auftraggebern für zahlreiche Zulieferer in der Steiermark. Wie sehen Sie die Entwicklung des steirischen Automobilstandortes im globalen Wettbewerb?
ZIPSE: Bei meinen Besuchen in der Region habe ich die Zulieferindustrie als äußerst innovativ wahrgenommen. Aus meiner Sicht bringen die Unternehmen die besten Voraussetzungen mit, um im globalen Wettbewerb erfolgreich zu sein.