Zwei Heller kostete die erste Ausgabe der Kleinen Zeitung im Jahr 1904, das Jahresabo sechs Kronen. Geld als Zahlungs- und Tauschmittel geht jeden an. Da war es nur selbstverständlich, dass Kleine Zeitung-Wirtschaftsressort-Chef Uwe Sommersguter am Jubiläumsfest den Leserinnen und Leser auch dazu Hintergrundinformationen geben wollte. Die ehemalige BKS-Bank-Vorstandschefin Herta Stockbauer brachte gewissermaßen als Geburtstagsgeschenk ihre langjährige Expertise mit - und ihre Zeit am Samstagnachmittag. Denn: „Ich vermeide das Wort Ruhestand. Ich bin nicht im Ruhestand, werde es nie sein.“

Die aktuelle Zinssenkung war das erste Gesprächsthema: „Den einen Leid, den anderen Freud. Die Zinsen für flexible Kredite werden ebenso sinken wie die Zinsen auf flexible Spareinlagen“, so Stockbauer. Doch der Vertrauensverlust der Konsumenten sitze noch immer tief. „Er hat sich durch den zuletzt rasanten Zinsanstieg und durch die geopolitischen Unsicherheiten aufgebaut. Jetzt muss das Vertrauen erst wieder gewonnen werden, es ist das Allerwichtigste. Ohne Vertrauen gibt es auch kein Wirtschaftswachstum. Die Unternehmen müssen ja kalkulieren können.“ Stockbauer räumt auch ein, dass sie sich eine stärkere jüngste Zinssenkung von der Europäischen Zentralbank gewünscht hätte. „Die 0,25 Prozent werden schnell verpuffen.“ Sie sagt: „Die Zinsen sollten weiter sinken bzw. es sollte eine Aussicht darauf geben, dass sie weiter sinken.“

Inflationsziel von zwei Prozent

Zwei Prozent sind das angestrebte Inflationsziel der Europäischen Zentralbank. „Warum eigentlich?“, fragte Sommersguter stellvertretend für die Leserinnen und Leser. Stockbauer erklärte das pragmatisch: „Es ist jene Inflationsrate, wo sich die negativen Effekte steigender und rückläufiger Zinsen die Waage halten.“

Werden wir Nullzinsen jemals wieder sehen? „Ich schließe nichts aus. Also ja, es könnte wieder so eine Zeit kommen, aber ich wünsche sie mir nicht. Nullzinsen führen auch zur Blasenbildung, weil dann von manchen Dingen zu viel gekauft wird.“

Stockbauer: „Es gibt keine Wunder“
Stockbauer: „Es gibt keine Wunder“ © Weichselbraun

Spareinlagen waren das nächste Thema. Stockbauer berichtete dem Publikum von einem bemerkenswerten Zustand, der derzeit herrscht. „Man bekommt derzeit mehr Sparzinsen, wenn man das Geld auf sechs oder zwölf Monate bindet als wenn man es auf fünf oder sechs Jahre bindet.“ Man spricht von einer „inversiven Zinskurve“. „Kein Normalzustand“, so Stockbauer. Und eine Folge der Inflation. Insgesamt seien die Zeiten für Sparer so gut wie lange nicht mehr.

Tipps für Investments

Auch zum Investment in Aktien und Wertpapiere gab Stockbauer wertvolle Ratschläge. „Es hat keinen Sinn, seine Ersparnisse in eine Aktie zu geben.“ So genannte ETF-Fonds hingegen investieren in sehr viele Unternehmen. „Man ist mit kleineren Beträgen wie zum Beispiel 50 Euro im Monat dabei und kann jederzeit aussteigen. Beim Wertpapierinvestment gelte es jedenfalls, sich selbst damit zu beschäftigen, sich gut beraten zu lassen, sich ein Bild zu machen. „Und bitte laufen Sie nur ja keinen so genannten guten Tipps nach. Es gibt keine Wunder!“

Auch Kryptowährungen sprach Sommersguter an. Stockbauer: „Es sind immaterielle Vermögenswerte, die aus Datenreihen bestehen. Hinter ihnen steht keine Institution, kein Staat. Sie sind nach wie vor unreguliert. Sie sind das spekulativste Anlageinstrument auf der Welt.“