Morgen, Montag, bekommen die Filialen der Anadi Bank einen neuen Namen. Sie firmieren künftig unter Bank Burgenland Kärnten. Die neue Marke ist Teil eines größeren Bankendeals: Die Grawe-Bankengruppe übernimmt alle zehn Filialstandorte der Anadi Bank, 42.000 Kunden und ein Geschäftsvolumen von 1,7 Milliarden Euro. Die „Austrian Anadi Bank“ war zehn Jahre zuvor aus der Hypo-Alpe-Adria-Bank AG, der Österreich-Tochter der skandalträchtigen Hypo, hervorgegangen. Für die Grawe ist es so etwas wie eine Rückkehr, schließlich war der Grawe-Konzern bis zu deren Verstaatlichung an der Hypo Alpe Adria beteiligt.

Bereits dieses Wochenende ist „D-Day“ für die neue Bank Burgenland Kärnten, technologisch im Rechenzentrum und in den Filialen läuft der Umbau auf Hochtouren. Für die Kunden soll sich abseits von Einschränkungen mit der Bankkarte am Wochenende wenig ändern, verspricht der CEO der Grawe-Bankengruppe, Christian Jauk: „Sie bekommen das, was sie bisher hatten, und noch ein bisschen mehr, etwa Apple Pay“. IBAN und Bankkarte ändern sich im Nachgang, die Umstellung selbst soll für Kunden „so bequem wie möglich“ ablaufen.

CEO der Grawe-Bankengruppe, Christian Jauk
CEO der Grawe-Bankengruppe, Christian Jauk © Aufreiter Georg

Warum die Grawe-Bankengruppe noch im klassischen Filialgeschäft expandiert? Der österreichische Markt sei zwar extrem wettbewerbsintensiv, sagt Jauk, allerdings sei es den Banken der Gruppe auch im schwierigen Marktumfeld gelungen, zu wachsen – organisch und durch Zukäufe: „Die Bankenlandschaft befindet sich in einem Konsolidierungsprozess, wir wollen hier eine aktive Rolle einnehmen.“ Die Markterweiterung nach Kärnten sei sinnvoll, „die Möglichkeiten zur Skalierbarkeit enorm“. Die neuen Standorte werden auch als Kärntner Vertriebsschiene für andere Institute der Grawe-Bankengruppe dienen: Etwa für die Online-Bank Dadat oder die Privatbank Schelhammer Capital sowie für die Muttergesellschaft, der Grawe- Versicherung. Was nur wenige wissen: Die Grawe-Bankengruppe ist bereits jetzt ein bedeutenderer Player am Bankenmarkt, als man vermuten würde, sie wickelt technologisch Bankgeschäfte für andere Banken sowie Finanzdienstleister im Hintergrund ab.

Der Zukauf bedeutet für die Bank Burgenland ein erhebliches Wachstum, das Filialgeschäft verdoppelt sich beinahe. Von einem „logischen Schritt“ spricht Jauk, man habe „auf die richtige Gelegenheit“ gewartet. Filialschließungen seien kein Thema: „Wir haben im Burgenland noch keine einzige Filiale zugesperrt, ganz im Gegenteil. Wir setzen auf das ,Konzept Mensch‘.“Die neuen Kunden suchten nach wechselvollen Jahren der Vorgängerinstitute vor allem Stabilität. „Wir wollen das durch die langfristige Ausrichtung der Grawe ergänzen“, sagt Jauk, der sich selbst, im 25. Vorstandsjahr stehend, als Beispiel für Kontinuität nimmt. „Wir sind gekommen, um zu bleiben.“

Für Anadi – das Hindi-Wort bedeutet „ewig“ – stellt die Abgabe der Bankstellen einen markanten Kurswechsel dar. 2013 übernahm ein britisch-indischer Eigner die damalige Hypo Österreich, er wollte die Bank als Brückenkopf zum Subkontinent positionieren, was nicht gelang. Mit dem Filialverkauf gibt Anadi den bisherigen Kern des Bankgeschäfts auf, um sich auf das wachsende Onlinebanking zu konzentrieren. Anadi behält 18.000 Onlinekunden-Beziehungen, ausgewählte KMU-Kunden und den Status als Hausbank des Landes Kärnten. Jauk zeigt sich offen, „bei weiteren Veränderungen in Kärnten gesprächsbereit zu sein – man kennt unsere Telefonnummer. Das gilt auch für andere Regionen.“ So oder so sei organisches Wachstum in den nächsten Jahren geplant.

„Seidenstraße Österreichs Richtung Süden“

Jauk spart nicht an Pathos, wenn er von der „Seidenstraße Österreichs Richtung Süden“ spricht. Über viele Jahrzehnte sei der Süden Österreichs benachteiligt gewesen, mit der Koralmbahn gebe es eine Zeitenwende. „Wir müssen aber mit Maßnahmen aktiv werden, damit es nicht bei Worten bleibt“, ermahnt er die Politik diesseits und jenseits der Pack. Folgen im Zuge des Expansionsstrebens Kärnten weitere Bundesländer? „Wenn sich eine Gelegenheit auftut, haben wir selbstverständlich auch Interesse, einen Schritt in ein weiteres Bundesland zu setzen“, sagt Jauk. Der Kaufpreis für die Anadi-Filialen bleibt geheim. Ob sich der Zukauf von Beginn an ergebnistechnisch positiv niederschlagen werde? Man weise keine regionalen Deckungsbeiträge öffentlich aus, erklärt Jauk. „Rückblickend sind wir mit der wirtschaftlichen Entwicklung unserer Akquisitionen immer zufrieden gewesen. Wir sind überzeugt, dass sich der Zukauf in Kärnten ähnlich erfolgreich entwickeln wird.“

Kritischer Blick auf Wirtschaftspolitik

Um den Standort Österreich sorgt sich Jauk, wie so viele seiner CEO-Kollegen. Der Industrieexport habe Österreich zwar enormen Wohlstand gebracht, nun stehe dieses Erfolgsmodell aber massiv unter Druck. „Mir tut es leid, dass die Wirtschaftspolitik im Wahlkampf keinen großen Raum einnimmt. Ganz so, als könnte der Wohlstand vom Bankomat abgehoben werden.“ Antworten auf die Fragen dieser Zeit vermisst er.

Nach der jüngsten Senkung des Einlagenzinses durch die EZB um 0,25 Prozentpunkte erwartet er im Verlauf des Jahres eine weitere Zinssenkung: „Ich glaube, dass die Euphorie für Zinssenkungen größer ist als der tatsächliche politische Spielraum der EZB.“ Jauk glaubt, dass „wir auch in Zukunft mit Zinsen leben müssen, niedriger als derzeit, zwei Prozent plus/minus.“ Konjunkturell würde man zwar deutlichere Zinssenkungen brauchen, doch habe die Notenbank aus dem Inflationsdesaster gelernt: „Daher wird die EZB in den nächsten Jahren vorsichtig sein.“