Übertourismus, neuerdings auch Unbalanced Tourism genannt, wird global und regional ein immer schwerwiegenderes Problem: Er wird zum Störfaktor für Einheimische, aber auch Touristen selbst, die ihr Reiseziel nicht mehr genießen können. Venedig, Amsterdam oder Barcelona sind durch ihre touristischen Trampelpfade ins Gerede gekommen. Aber auch in Österreich drohen die immer gleichen Strecken immer stärker ausgetreten zu werden.

In der Region Nassfeld-Lesachtal-Weissensee zum Beispiel. Dort beschäftigt man sich schon seit Jahren mit der Besucherlenkung. Mit dem Ergebnis, dass ab Oktober neue Leitsysteme mit insgesamt 75 Info-Punkten installiert werden. Etwa am Pressegger See, am Bahnhof Hermagor oder am Wulfeniaplatz in Hermagor. Ausgeschildert sind nur bestimmte „Highlight“-Wege. „Damit versuchen wir unsere Naturraumnutzer - also Wanderer, Gipfelstürmer, Läufer und Biker - auf beschilderte und gesäuberte Routen zu bringen und sie gleichzeitig zu sensibilisieren, dass sie nicht überall alles tun dürfen: parken zu Beispiel oder Müll wegwerfen“, sagt Markus Brandstätter vom NLW-Tourismusmarketing. Die Maßnahme ist Ergebnis eines jahrelangen Diskussionsprozesses unter dem Schlagwort „Naturforum 4.0“, in den auch Grundstücksbesitzer und Förster einbezogen werden und der fortgesetzt wird.

Markus Brandstätter, NLW-Tourismus-Marketing: „Lenkungssystem für Naturraumnutzer“
Markus Brandstätter, NLW-Tourismus-Marketing: „Lenkungssystem für Naturraumnutzer“ © KLZ

Die Maßnahmen am Nassfeld sind dem Wirtschaftsministerium nun sogar eine Förderung wert, die Tourismusstaatssekretärin Susanne Kraus-Winkler für „Ausbalancierten Tourismus“ bzw. das Management von Besucherströmen ausgelobt hat. 570.000 Euro fließen in 17 Projekte zur Entlastung touristischer Hotspots, darunter auch Besucherlenkungskonzepte für Dürnstein und Hallstatt, für die Südsteiermark oder für Seefeld in Tirol, wo eine Besucherlenkungs-App mit integrierten Mobilfunk- und Wetterdaten entwickelt wird.

Horst Flößholzer, Alpenverein Wolfsberg: „Immer mehr Menschen an immer weniger Tagen“
Horst Flößholzer, Alpenverein Wolfsberg: „Immer mehr Menschen an immer weniger Tagen“ © Alpenverein Wolfsberg

Wie relevant das Thema Balance im Tourismus ist, zeigen auch die anderen beiden Förderempfänger in Kärnten. Der Alpenverein Wolfsberg hat den „alpinen Lebensraum Koralpe“ auf der Agenda, der vor allem an der zeitlichen Konzentration der Nutzer leidet. „Es fehlen Nutzungskonzepte für den Wintertourismus ohne Ski. Andererseits wird das Wanderangebot von immer mehr Menschen an immer weniger Tagen genutzt. In der Folge sind Straßen und Parkplätze überlastet“, sagt Hort Flößholzer, Naturschutzreferent des Alpenvereins Wolfsberg. Und auch das von Ausflüglern vor allem im Winter stark frequentierte Bodental soll wieder in Balance kommen: befindet der Tourismusverband Rosental, der ein Konzept zur „regenerativen Entwicklung“ des schönen Hochtals in den Karawanken erstellen wird. „Das Bodental ist nicht nur Naherholungsgebiet und Ausflugsziel, sondern auch Wohnraum für die einheimische Bevölkerung“, sagt Sissi Wutte vom Tourismusverband. „Die steigende Beliebtheit hat zu einem erhöhten Druck auf die Region geführt und die Parkplätze verstopft. Jetzt arbeiten wir mit Verkehrs- und Landschaftsplanern an neuen Ideen.“

Wanderrouten-Schilder im Bodental: „Regenerative Entwicklung nötig“
Wanderrouten-Schilder im Bodental: „Regenerative Entwicklung nötig“ © Weichselbraun