Graz, vor wenigen Wochen: Ein paar Dutzend Journalisten sind aus der ganzen Welt eingeflogen worden, strengste Geheimhaltung, Handy- und Fotoverbot, man dürfe nicht einmal darüber reden, hieß es. Auf dem 100.000 Quadratmeter großen Test- und Abenteuergelände namens G-Class Experience Center in der Nähe des Grazer Flughafens zeigten Mercedes-Benz-Verantwortliche die elektrische G-Klasse namens Mercedes-Benz G mit EQ-Technologie erstmals.

Dort hatte man in einer alten Halle eine kleine Halle für den ersten Anblick eingebaut. Es war die Generalprobe für die heutige Weltpremiere in einem Gasometer in Peking, in einem Künstlerviertel der chinesischen Hauptstadt.

Video: Exklusive Einblicke in den elektrischen Mercedes G

Zeitenwende, nicht ohne Risiko

China gilt als einer der Kernmärkte von Mercedes, und der Margenbringer Mercedes G ist ein Herzstück davon. Bisher sorgte der Verbrenner-G für traumhafte Gewinne, der elektrische G bedeutet jedoch eine Zeitenwende, und das nicht ohne Risiko. Laut einer EY-Studie (gemessen an der Ebit-Marge von 12,8 Prozent) war Mercedes 2023 zwar der profitabelste Autokonzern der Welt. Doch mit den neuen Elektroautos lief bisher nicht alles nach Plan, vor allem in China, deshalb wurde auch der EQS komplett überarbeitet.

Eindrücke von der Weltpremiere des elektrischen G in Peking:

Die heutige Weltpremiere des elektrischen G bekommt damit eine ganze andere Bedeutung – auch für Magna in Graz, wo das Auto gefertigt wird. Inmitten der Turbulenzen rund um Fisker ist die elektrische G-Klasse ein Hoffnungsträger. Man produziert das Geländeauto nicht nur, man entwickelte auch mit Mercedes die Technik für den neuen G. Unbestätigt geht man von Stückzahlen von rund um 45.000 G-Modellen (Verbrenner und elektrische Version) aus, für Magna ist Mercedes mehr als je zuvor überlebensnotwendig. Deshalb war das letzte Bekenntnis von Vorstandschef Ola Källenius zum Produktionsstandort Graz so wichtig.

Fakten und Überraschungen

Aber zum elektrischen G und der Weltpremiere und die wichtigsten Fakten und Überraschungen: Vier radnahe und individuell ansteuerbare Elektromotoren treiben den elektrischen G an, die Gesamtleistung liegt bei 432 kW. Der Denkansatz dahinter ist im Gelände durchaus revolutionär und in der Ausprägung vielversprechend, denn mit dem Antriebssystem und einer hoch entwickelten Software erspart man sich Differenzialsperren und löst das Ganze virtuell, sozusagen – wo Kraft gebraucht wird, dort wird sie jedem einzelnen Rad in Sekundenbruchteilen zugewiesen. Das soll das Fahren auch im schwierigen Gelände stark vereinfachen, es gibt eine Reihe von Fahrmodi (Offroad, Kriechgänge etc.) und Extrafunktionen. Wie den G-Turn, mit dem man dank des hoch entwickelten E-Antriebs auf der Stelle umdrehen kann, oder G-Steering für einen kleineren Wendekreis.

14 Mal den Schöckl mit einer Ladung

Beim Design gibt es lediglich kleine Auffälligkeiten (optionale Kühlerverkleidung, Air Curtains, neue A-Säulenverkleidung, Spoilerlippe/Dachzierleiste), die den elektrischen G beim Verbrauch und beim leisen Fahren helfen sollen. Als Energiespeicher wird eine 116-kWh-Batterie eingesetzt, im Bestfall soll man damit 473 Kilometer Reichweite kommen. Das wird in den ersten Testfahrten zu beweisen sein, immerhin 14-mal waren extreme Schöckl-Fahrten auf der Teststrecke mit einer Ladung drin. Überraschend: Mercedes setzt noch auf Lithium-Ionen-Technik und noch nicht auf die modernere 800-Volt-Technologie, die ein schnelleres Laden ermöglicht hätte (max. Ladeleistung 200 kW). Beim Leergewicht hat man 3070 Kilogramm geschafft, runde 400 Kilogramm Zuladung sind möglich. Preislich geht’s ab 142.621,50 Euro los, die Edition One kommt auf 192.524,15 Euro.