Die Fahndung nach dem flüchtigen 66-Jährigen ist nach wie vor aufrecht. Am Vormittag konnte der weiße Kastenwagen sichergestellt werden, mit dem der Verdächtige geflüchtet war. Das Fahrzeug wurde vom Hubschrauber aus in einem Wald-Graben in der Gegend um Gschnaidt, also in der Umgebung des Tatorts, gefunden. Anschließend wurde der Wagen von der Cobra durchsucht - er war verlassen.
Ein Augenzeuge meldete sich mit der Beobachtung, dass der Verdächtige am Sonntag nach der Tat offenbar im Bereich des ehemaligen Abraham-Wirtes unterwegs gewesen sein soll. Er könnte sich dort um ein Versteck umgesehen haben.
Vom Täter selbst fehlt trotz vieler Hinweise aus der Bevölkerung noch jede Spur. Weder kann ausgeschlossen werden, dass sich Friedrich F. immer noch in Stiwoll verschanzt hält, noch dass er die Gegend verlassen hat oder Selbstmord begangen hat.
Laut Polizei geht die Suche die ganze Nacht weiter. Dabei werden vor allem sogenannte FLIR-Hubschrauber eingesetzt. FLIR steht für "Forward Looking Infrared", auf Deutsch: vorwärts gerichtetes Infrarotgerät. Mit diesen Wärmebildkameras soll der Flüchtige im unwegsamen Waldgebiet, in dem man ihn vermutet, aufgespürt werden.
Zusätzlich zur Fahndung stehen Polizisten bei der Überwachung von Institutionen und Objekten im Einsatz. Speziell bewacht sind in der Gegend derzeit alle öffentlichen Gebäude sowie die Anwesen der Angehörigen der Opfer und des Verdächtigen. Polizisten mit schusssicheren Westen, Helmen und automatischen Waffen sind überall auf den Straßen zu sehen, auch Hubschrauber sind im Einsatz. Auch das Grazer Straflandesgericht, wo Friedrich F. Hausverbot hat, wird von mehreren Polizisten geschützt, ebenso Landhaus und Burg. In Stiwoll und einigen Orten in der Umgebung waren Volksschulen und Kindergärten geschlossen. Es geht die Angst um, dass der 66-Jährige noch einmal zuschlagen könnte.
Der Tathergang
Schauplatz der Tragödie war ein Anwesen auf einer Anhöhe in Stiwoll, am westlichsten Ende des Bezirkes Graz-Umgebung. Die Töchter von Friedrich F. hatten die Nachbarn für Sonntagvormittag zu einer Aussprache gebeten. Es ging angeblich um den Weg zu den Grundstücken, der direkt durch das Anwesen des 66-jährigen Imkers und seiner Familie führt. Diese Zufahrt war nach ersten Erhebungen Auslöser für den Nachbarschaftsstreit, der schon seit Jahren andauerte.
Adelheid H. (55), Martina Z. (68) und Gerhard E. (64) schöpften keinen Verdacht, als sie sich zum Anwesen begaben. Ahnungslos tappten sie in die tödliche Falle des Imkers. Er hatte vom geplanten Gesprächstermin erfahren und sich mit einem Gewehr im Obergeschoß des Wirtschaftsgebäudes auf die Lauer gelegt. Die Töchter wussten davon nichts. Beim Gewehr dürfte es sich allerdings nicht um eines der Jagdgewehre seiner Frau gehandelt haben. Diese waren nach der Tat vollständig im Haus. Ob es im Haushalt noch weitere Gewehre gebe, wisse sie nicht, gab die Frau zu Protokoll.
Video vom Tatort
Zwei Tote: Bewaffneter Täter flüchtig
Als die drei Nachbarn gegen 9.15 Uhr eintrafen, fielen mehrere Schüsse. Friedrich F. feuerte aus dem Hinterhalt gezielt auf die verhassten Nachbarn. Adelheid H. und Gerhard E. brachen im Hof neben der Zufahrt tödlich verletzt zusammen. Laut Obduktionsbericht erlitt Adelheid H. zwei Treffer in den Oberkörper und einen Streifschuss. Gehrard E. wurde zwei Mal in den Rücken getroffen. Martina Z. versuchte zu flüchten. Da krachte neuerlich ein Schuss. Das Projektil traf sie in die Hinterseite ihres Arms. Sie wurde in das Landeskrankenhaus Graz gebracht und ist laut Auskunft der Polizei außer Lebensgefahr.
Der Täter flüchtete mit seinem mittlerweile sichergestellten weißen VW-Kastenwagen Richtung Westen.
Als der Alarm in der Polizei-Notrufzentrale einging, wurden bei den Beamten sofort Erinnerungen an das Blutbad im niederösterreichischen Annaberg geweckt, wo vor einigen Jahren ein Wilderer drei Polizisten und einen Sanitäter aus dem Hinterhalt erschossen hatte.
Deshalb wurde sofort das Einsatzkommando Cobra mit Panzerfahrzeugen zum Tatort beordert. Man wollte kein unnötiges Risiko eingehen. Dutzende Polizisten aus dem ganzen Bezirk nahmen innerhalb weniger Minuten die Fahndung nach dem flüchtigen Gewalttäter auf. Großräumige Absperrungen wurden errichtet, Fahrzeuge angehalten und kontrolliert. Bis in die Nacht hinein waren Polizisten und Cobra-Männer mit Schusswesten und Helmen ausgerüstet und schwer bewaffnet auf der Suche nach dem Todesschützen.
Hundestreifen, Fahndungsspezialisten, Spurensicherer und Mordermittler des Landeskriminalamtes, alles war im Einsatz. Zur Unterstützung wurden Beamte der EGS (Einsatzgruppe zur Bekämpfung organisierter Straßenkriminalität im LKA) nach Stiwoll abkommandiert. Im Gemeindeamt wurde eine provisorische Einsatzzentrale eingerichtet.
Der Ort des Geschehens
„Wir wissen nicht, wohin der Täter geflüchtet ist. Er ist bewaffnet. Wir fordern die Bevölkerung auf, wachsam zu sein, aber keine eigenmächtigen Handlungen zu unternehmen. Bitte sofort den Notruf 133 wählen“, sagte Polizeisprecher Leo Josefus am Sonntagabend. Die Fahndung nach Friedrich F. wurde auch auf die übrigen Bundesländer ausgedehnt.
Friedrich F. war den Behörden und Ämtern kein Unbekannter. Man kennt ihn etwa auf der Bezirkshauptmannschaft seit Jahren. Auf seiner Homepage greift er politische Parteien, Staatsanwälte und Richter an. Und er fuhr mit seinem Traktor und der Aufschrift „Heil Hitler“ vor dem Grazer Landesgericht vor und mit selbiger Aufschrift auf seinem Auto durch Graz. Mehr über die wirre Welt des Friedrich F. hier.
In Stiwoll ist man tief betroffen und schockiert über diese Tragödie. Jeder kannte den Todesschützen, der auf seinem Anwesen eine Bienenzucht betrieben hatte. Und jeder kannte die Opfer. „Der Friedrich ist ein Querulant, ein Spinner, der sich mit jedem angelegt hat“, beschreibt ein Ortsbewohner den Todesschützen. „Alle hat er beschimpft.“
Bürgermeister Alfred Brettenthaler schildert der Kleinen Zeitung die Stunden nach der Tat. Normalerweise sei an einem Sonntag im Ort immer etwas los, doch diesmal seien viele Ortsbewohner weggefahren, aus Angst, so der Gemeindechef. Denn die Polizei habe gewarnt, dass sich der Täter noch irgendwo in den Wäldern rund um Stiwoll aufhalten könnte. Schulen und Kindergarten bleiben heute geschlossen. Brettenthaler: „Wir wollen kein Risiko eingehen und die Kinder keiner Gefahr aussetzen.“