Der Fall rund um einen oststeirischen Arzt, der angeblich seine vier Kinder jahrelang gequält haben soll, geht in die nächste Instanz. Die Staatsanwaltschaft Graz wird gegen den am Freitag gefallenen Freispruch berufen. Das teilte die Behörde am Montag mit. Die Gerichtsentscheidung ist damit nicht rechtskräftig. Das Oberlandesgericht Graz wird sich nun mit dem Fall auseinandersetzen müssen.
"Die Rechtsmittelanmeldung erfolgte, weil aus Sicht der Staatsanwaltschaft die Schlüssigkeit der Beweiswürdigung nur anhand der schriftlichen Urteilsausfertigung überprüft werden kann", hieß es in einer Aussendung der Staatsanwaltschaft. Daraus dürfe aber nicht abgeleitet werden, dass die Staatsanwaltschaft die gegen den erkennenden Richter erhobenen Vorwürfe einer einseitigen Prozessführung teilt.
Freispruch von allen Anklagepunkten
Der Arzt war am Freitag von allen Anklagepunkten freigesprochen worden. Richter Andreas Rom führte in seiner Urteilsbegründung aus: "Es ist zwar in der Familie viel passiert, aber aus den Akten und den heutigen Aussagen findet man keinen Anhaltspunkt, dass die Handlungen mit derartiger Intensität begangen wurden, dass es strafbar ist." Der Richter sah in den Vorwürfen der Familienmitglieder vielmehr einen "verspäteten Rosenkrieg nach der Scheidung".
Seitens des Vereins Autonome Österreichische Frauenhäuser (VAÖF) gab es am Samstag Kritik. Das Urteil sei "ein Schritt in die juristische Steinzeit". Vom Staatsanwalt und der Opferanwältin sei detailliert und nachvollziehbar aufgezeigt worden, dass der Mann das Leben seiner Kinder und Frau zerstört habe. Daher sei die Aussage des Richters "unbegreiflich und unfassbar und nicht akzeptabel".
Die Kinder des Arztes kündigten am Samstag über ihre Anwältin Andrea Peter rechtliche Schritte gegen den Richter des Verfahrens an. Man wolle eine Sachverhaltsdarstellung wegen Amtsmissbrauchs gegen den Richter bei der Staatsanwaltschaft einbringen, so Peter. Die Kinder des Arztes waren am Freitagabend nach der Urteilsverkündung zusammengebrochen. Zwei sollen die Nacht im Krankenhaus verbracht haben.