"Dreßen. Mit Betonung auf dem ersten E!" Thomas Dreßen musste in der dieser Olympia-Saison schon einmal seinen Namen buchstabieren. Und zwar, nachdem er in Beaver Creek erstmals auf ein Podest gerast war. Platz sechs war zuvor sein bestes Ergebnis gewesen, dann fuhr der 24-Jährige hinter Aksel Lund Svindal und Beat Feuz auf Platz drei und als erster Deutscher seit 2004 (Max Rauffer) auf ein Abfahrtspodest im Weltcup. Und jetzt ist er Kitzbühel-Sieger!
Schicksalsschlag
Skifahrerisch ist Dreßen in Österreich groß geworden, er hat die Ski-Hauptschule in Neustift sowie das Skigymnasium Saalfelden besucht. An Österreich hat er aber nicht nur gute Erinnerungen. Es gab da einen Schicksalsschlag und eine Tragödie, die ihn zu dem gemacht hat, was er heute ist. Am 5. September 2005 war es, als der Elfjährige im Internat in Neustift mit seinen Kollegen Basketball spielte und plötzlich seine Mutter auf dem Spielfeld stand. Sie musste ihrem Sohn erklären, dass er seinen Vater nie mehr sehen werde. Er ist tot.
In Sölden hatte an diesem Tag ein Hubschrauber über der Seilbahn einen 750 Kilogramm schweren Betonkübel verloren. Eine Gondel stürzte in die Tiefe, aus weiteren Gondeln wurden Skifahrer herausgeschleudert. Neun Menschen starben, sechs Kinder, drei Erwachsene. Darunter Dirk Dreßen, 43, Vater von Thomas und Michael, elf und neun Jahre alt.
Er will kein Mitleid
Wenn er von Journalisten zu diesem Thema befragt wird, sagt er, dass er nicht auf diese Geschichte reduziert werden will. Er will nicht, dass die Menschen ihn mitleidig anschauen, sich denken: „Mei, der Arme hat’s zach g’habt.“ Dreßen will nur, dass die Menschen sehen, wer er ist. Welch guter Sportler er ist. Wie er sich nach oben kämpft.
Auch heute ist sein Vater immer dabei. Als Foto in der Brieftasche. Und als stiller Beobachter. Vom Himmel aus schaut er zu. Daran glaubt Dreßen, auch wenn er „kein mordsspiritueller Typ“ ist. Gerne würde er wissen, was sein Papa dazu sagen würde, was aus ihm geworden ist. Als Skifahrer. Und als Mensch.