Als "Prinz Peng" verzauberte Lukas Podloski gemeinsam mit Miroslav "King Knall" Klose Deutschland beim Sommermärchen 2006. Der gebürtige Pole wurde spätestens da zum Liebling der Fans und heute feiert er beim Testspiel der Deutschen gegen England seinen Abschied.

Ein prominentes Quartett wird Deutschlands Fußballnationalteam im Testspiel-Klassiker gegen England am Mittwoch (20.45 Uhr/live ARD) in Dortmund fehlen. Nach Goalie Manuel Neuer muss Teamchef Joachim Löw auch auf Mesut Özil, Julian Draxler und Mario Gomez verzichten. Lukas Podolski hingegen darf bei seinem Abschiedsspiel im Team die Kapitänsbinde tragen. "Sensationell", sagte der 31-Jährige.

"Ich höre das auch zum ersten Mal", erklärte Podolski bei einer Pressekonferenz am Dienstag in Dortmund. "Mehr geht nicht, als im letzten Spiel als Kapitän aufzulaufen. Da kann man nur Danke sagen." Löw hatte Podolski nach dessen Rücktritt aus der Nationalmannschaft das Abschiedsspiel wegen dessen besonderer Verdienste in 13 Auswahl-Jahren zugesagt. "Es wird sicherlich ein schöner Moment für mich, aber auch ein trauriger Moment. Lukas und ich sind einen langen Weg zusammen gegangen, über viele Hürden hinweg", sagte Löw.

Das Prestigeduell gegen England ist der Länderspielauftakt für die Weltmeisterauswahl in diesem Jahr. Nach Neuer (Wadenprobleme) muss Löw dabei kurzfristig auf drei weitere wichtige Akteure verzichten. Özil und Draxler haben Oberschenkelprobleme, Gomez Probleme im Adduktorenbereich. Konkrete Aussagen zu seiner Formation, die er neben Podolski aufbieten will, machte der Bundestrainer noch nicht. "Ich brauche noch ein paar Stunden, um mich zu entscheiden", sagte Löw.

Möglicherweise kommt Leipzigs Timo Werner in der Offensive zu seinem Länderspieldebüt. "Ich verfolge ihn schon länger. Er ist ein ganz junger Spieler, der sich bei Leipzig gut entwickelt", sagte Löw und lobte speziell Werners Dynamik und Torabschluss. Werner ist neben dem für Neuer nachnominierten Torhüter Kevin Trapp der einzige Akteur in Löws Aufgebot, der noch kein Länderspiel bestritten hat.

Standortbestimmung

Neben dem Podolski-Abschied ist der Test gegen England für Löw auch eine willkommene Standortbestimmung vor der Fortsetzung in der WM-Qualifikation am Sonntag in Aserbaidschan. Im März 2016 ging ein Test in Berlin gegen die Three Lions mit 2:3 verloren. "England ist im Wandel. Sie spielen offensiver, mutiger, risikofreudiger", sagte Löw über den Rivalen.

In der Tat will England zu neuen Ufern aufbrechen. Coach Gareth Southgate, der vor seinem ersten Spiel nach dem Aufstieg vom Interims- zum Chefcoach steht, hat ehrgeizige Ziele und setzt auf ungewöhnliche Motivationsmethoden. Sogar den bittersten Moment seiner Karriere führte Southgate den Kickern am Montag noch einmal auf Video vor. Zum fünfminütigen Clip mit guten und schlechten Momenten der englischen Fußballgeschichte gehörte auch sein Fehlschuss im Elfmeterschießen des EM-Halbfinals 1996 gegen Deutschland.

"Er wollte uns zeigen, wie weit er seitdem gekommen ist", erklärte Stürmer Jamie Vardy nach dem Treffen im Trainingszentrum im St. George's Park. Und James Ward-Prowse, der erstmals im A-Kader steht, war überzeugt, eben eine "sehr kraftvolle Botschaft" vernommen zu haben. Southgate will England zum "besten Team der Welt" machen, erklärte der 46-Jährige seinen Spielern. Das klingt nicht gerade bescheiden.

Seine Vorgänger waren zuletzt nicht gerade vom Glück verfolgt. Lautsprecher Sam Allardyce wurde nach nur einem Spiel entlassen, weil er gegenüber verdeckt ermittelnden Reportern erklärt hatte, wie man die Transferregeln des englischen Verbands umgeht. Der Fußball von dessen Vorgänger Roy Hodgson, der von 2012 bis 2016 im Amt war, wurde mitunter als langweilig kritisiert. Vor ihm leiteten der glücklose Steve McLaren und der Italiener Fabio Capello die Geschicke der Nationalmannschaft.

Jetzt kommt Southgate mit seiner ehrgeizigen Vision und ohne Angst vor heiklen Entscheidungen. Schon als Interimscoach war er im vergangenen Oktober für den mutigen Schritt gelobt worden, Kapitän Wayne Rooney in der WM-Qualifikation gegen Slowenien auf der Bank zu lassen. Für die anstehenden Länderspiele nominierte er den Rekordtorschützen der englischen Nationalmannschaft gar nicht erst - aus Fitnessgründen heißt es offiziell. In die Kapitänsrolle könnte in Absenz von Tottenham-Stürmer Harry Kane Innenverteidiger Gary Cahill schlüpfen.

Auch für Überraschungen ist Southgate gut. Er berief den 34-jährigen Sunderland-Stürmer Jermain Defoe nach dreijähriger Abstinenz wieder ins Länderspiel-Aufgebot. Defoe zeigte sich beeindruckt und stellte klar, was er vom neuen England-Trainer hält: "Aus meiner Sicht ist er der perfekte Mann für den Job."