"Es ist wie unsterblich sein“, schwärmt Lisa Janisch noch Wochen nach dem Moment, als sie auf der Bühne stand und ihr Ziel endlich erreicht hatte. Europameisterin. Und dabei hatte Janischs Berufsleben beinahe eine ganz andere Abzweigung genommen, denn eine Lehre zu machen, stand eigentlich nie auf ihrem Plan.

„Ich mache auf gar keinen Fall die Matura, um im Betrieb einzusteigen und den lieben langen Tag Farbkübel zu schleppen“, sagte sie ihrem Vater immer und immer wieder. Nach der Matura schlug dann aber das Schicksal zu. „Ich habe eine Bewerbung nach der anderen geschrieben, aber es hat sich einfach nichts ergeben. Es kam entweder keine Antwort oder eine Absage.“ Um die Zeit nicht mit Warten auf Antworten zu vergeuden, begann die Maturantin im elterlichen Betrieb als Malergehilfin auszuhelfen. Und schon nach wenigen Tagen stand für Janisch fest: Das ist es. „Der Kontakt zu den Kunden, das Handwerk, das praktische Arbeiten, das hat mir von Anfang an so richtig getaugt und ich wusste auf Anhieb, dass ich das machen will. Dabei machte sie es ihrem Vater und ihrem Großvater anfangs wahrlich nicht leicht. „Ich habe viele Fragen gestellt und sie so lange gelöchert, bis sie so genervt waren, dass sie es mir schließlich gezeigt haben“, erinnert sich die 25-Jahrige zurück.

Als schließlich feststand, dass die Maturantin im Malerbetrieb mitarbeiten will, begann der Behördenhürdenlauf. „Schließlich habe ich die Info bekommen, dass es am besten wäre, wenn ich noch eineinhalb Jahre Praktikum in unserem Betrieb mache und dann in der dritten Klasse in die Berufsschule einsteige. “ Alles klappte wie am Schnürchen. Vor allem, weil Lisa Janisch sich in der Berufsschule auch bei den sogenannten Schülervergleichswettbewerben geschickt anstellte. In dem Bewerb hatten die Schüler vier Stunden Zeit, um eine 80 Mal 80 Zentimeter große Flache mit einem Muster zu füllen. Lisa Janisch malte einen Kompass. Sie gewann mit diesem Muster auch den Landesbewerb und kam in den Bundesbewerb, aus dem sie ebenfalls als Siegerin hervorging. Deswegen sollte sie auch bei der Berufsweltmeisterschaft antreten, für die sie aber zu diesem Zeitpunkt leider schon zu alt war.

Einen Weg gab es aber noch: die Teilnahme an den Euro-Skills, den Berufseuropameisterschaften in Göteborg, wo Lehrlinge bis 25 Jahre antreten können. Gemeinsam mit ihrem Trainer und ehemaligen Sieger Michael Tobisch bereitete sich Janisch akribisch vor. Der Keller ihres Elternhauses, in dem sie eine idente Nische aufstellten, wie sie sie in Göteborg erwarten sollte, wurde zu ihrem zweiten Zuhause. „Ich habe jede Minute zum Üben genutzt. Habe Freihandlinien gezogen, außerdem habe ich mit Mentaltraining begonnen. Ich habe mir gedacht: Ganz oder gar nicht. Wenn ich dorthin fahre, will ich auch gewinnen. Ich gebe alles.“