Der Preis, den Bauern für einen Liter Frischmilch von den Molkereien erhalten, ist einem Zeitungsbericht zufolge erstmals unter 20 Cent gefallen. Dies sei ein Preisverfall binnen weniger Wochen um weitere 30 Prozent, berichtet die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (Dienstagsausgabe) unter Berufung auf Vertreter mehrerer Molkereien. Preisverhandlungen zwischen Molkereien und Landwirten hätten in manchen Regionen Auszahlungspreise von 19 oder 18 Cent ergeben.

Einige Molkereien hätten bereits vor längerem Preise von weniger als 20 Cent angekündigt, sagte der Marktreferent der Landesvereinigung der Milchwirtschaft Niedersachsen, Frank Feuerriegel. "Im Durchschnitt wird der Preis im Mai bei um die 20 Cent liegen", sagte Feuerriegel. Im März hatten in Deutschland große Molkereien noch um die 24 Cent je Liter gezahlt.

Wegen eines Überangebots sind aktuell die Milchpreise in ganz Europa im Keller. Um kostendeckend wirtschaften zu können, bräuchten die rund 75.000 Milchbauern in Deutschland einen Erzeugerpreis von etwa 40 Cent pro Liter.

Marktlage ist angespannt

In Österreich ist die Situation kaum besser. "Die Marktlage ist nach wie vor sehr angespannt. Der Preisdruck im Milchsektor ist enorm", sagte Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter (ÖVP) am Dienstag in Brüssel. In Österreich waren es zuletzt 31 bis 32 Cent je Liter. Besonders hart trifft es Milchbauern, die konventionelle Milch produzieren. Für Heumilch und Biomilch erhalten die Landwirte deutlich höhere Preise. Für eine neuerliche Einführung der Milchquote ist Rupprechter nicht. Diskutiert wird aber über eine freiwillige Mengensteuerung. Diese freiwillige Marktstabilisierung habe aber noch nicht gegriffen, so Rupprechter.

Direkthilfen

Da die Bauern mit großen Verlusten produzieren, will die deutsche Bundesregierung ihnen unter die Arme greifen. Ende des Monats sollen die Details auf einem Milchgipfel besprochen werden, an dem Politiker, Molkereien, Bauernvertreter und Einzelhändler auf Einladung von Bundesagrarminister Christian Schmidt (CSU) teilnehmen.

Das Blatt berichtete unter Berufung auf Schmidts Umfeld, es seien sofortige Hilfszahlungen von 60 bis gut 100 Mio. Euro im Gespräch. Sie sollten als Direkthilfen an die Milchbauern fließen, könnten aber an Kriterien gebunden sein, wie etwa die Modernität der Ställe hinsichtlich des Tierwohls.

Steuererleichterungen für Bauern

"Wir werden den Bauern mit Steuererleichterungen und Liquiditätshilfen zur Seite stehen", sagte Schmidt der "Süddeutschen Zeitung" (Dienstagsausgabe). Denkbar seien Bürgschaften, damit die Betriebe trotz Krise leichter Kredite bekommen können. Forderungen nach strengeren Regeln für den Milchmarkt erteilt Schmidt dagegen eine Absage: "Eine Rückkehr zur Milchquote wird es mit mir nicht geben."

Stattdessen legte Schmidt den Landwirten nahe, das Segment zu wechseln: "Ein Ansatz ist auch der Ökolandbau, der beispielsweise weniger vom Preiskampf betroffen ist." In Deutschland und in ganz Europa wird mehr Milch produziert als nachgefragt. Das drückt die Preise auf ein Niveau, das viele Produzenten als ruinös bezeichnen. Gründe für den Verfall sind das Auslaufen der Milchquote in der EU vor gut einem Jahr, das Embargo Russlands und eine schwächere Nachfrage aus China.