Die Aufarbeitung des Abgasskandals wird Volkswagen nach Einschätzung von Vorstandschef Matthias Müller noch mindestens ein Jahr in Atem halten. "Ich hoffe, dass wir damit Ende nächsten Jahres weitgehend durch sind", sagte Müller dem Magazin "Stern". Die Klärung von Kundenansprüchen und Klagen gegen den Konzern würden sich dagegen "vermutlich über Jahre" hinziehen.

Den angekündigten Konzernumbau will Müller wie geplant nächstes Jahr angehen. "Man kann also davon ausgehen, dass mit Beginn des Jahres 2017 alle in die richtige Richtung ziehen", sagte der Konzernchef. Dann werde es auch die ersten Erfolge geben. In der neuen Struktur sollen die Töchter selbstständiger agieren dürfen. Dafür sollen sie mehr Spielraum in der Modellpolitik, beim Vertrieb und der Produktion in den Regionen erhalten. Details des geplanten Umbaus will Müller Mitte nächsten Jahres bekanntgeben. Ziel sei, Volkswagen zu einem Mobilitätskonzern zu machen. "Die Zukunft ist elektrisch", sagte Müller.

Informationen für Mitarbeiter

Im VW-Stammwerk in Wolfsburg hat am Mittwoch die zweite Betriebsversammlung seit dem Bekanntwerden des weltweiten Abgasskandals begonnen. Zu der nicht öffentlichen Veranstaltung wurden nach Konzernschätzungen bis zu 20.000 Mitarbeiter erwartet. Als Redner eingeplant waren Betriebsratschef Bernd Osterloh, VW-Aufsichtsrat Wolfgang Porsche und Finanzvorstand Frank Witter.

Die Beschäftigten sollten auf der Versammlung, zu der kurzfristig auch der deutsche Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) anreiste, über die weitere Aufklärung der Abgasaffäre informiert werden. Bei VW sind weltweit rund 600.000 Menschen beschäftigt, davon etwa 72.500 in Wolfsburg. Mehr als 830.000 Fahrzeuge laufen hier pro Jahr vom Band.

Über zweieinhalb Monate nach dem Ausbruch des Dieselskandals bleibt die Verunsicherung groß. Obwohl die Stammbelegschaft nach Aussage Osterlohs nicht gefährdet ist, hat die Ankündigung von verlängerten Weihnachtsferien und längeren Produktionspausen Fragen aufgeworfen.

Sorgen bei Leiharbeitern

Insbesondere unter den Leiharbeitern mit Zeitverträgen wachsen die Job-Sorgen. Auch die Ankündigung, dass die rund 120.000 Mitarbeiter im VW-Haustarifvertrag in diesem Jahr auf die sonst üblichen Bonuszahlungen verzichten müssen, belastet die Stimmung.

Volkswagen hatte im September zugegeben, Abgaswerte mit einer Software manipuliert zu haben. Ein Computerprogramm in der Motorsteuerung erkennt, wenn das Auto auf dem Prüfstand steht und regelt die Leistung so, dass die Grenzwerte beim Stickoxidausstoß eingehalten werden. Auf der Straße ist die Software ausgeschaltet und die Abgaswerte sind um ein Vielfaches höher. Weltweit sind rund elf Millionen Fahrzeuge davon betroffen. Die Skandal war durch die US-Umweltbehörde EPA öffentlich gemacht worden. In den USA drohen dem Wolfsburger Autobauer bis zu 18 Mrd. Dollar (17 Mrd. Euro) Strafe.