Obwohl es an manchen Tagen wohl schon zu heiß war, ließ der heurige Sommer keine Wünsche offen. Aber wie ist das eigentlich bei Wintersportlern – können die auch solch’ tropische Temperaturen genießen?
GREGOR SCHLIERENZAUER (lacht): Na klar. Der Sommer ist ja einerseits für uns da, die Batterien aufzuladen und einmal runterzukommen. Aber es ist auch kein Geheimnis, dass die Wintersportler im Sommer auch für die nächste Saison trainieren müssen. Das war bei diesen Temperaturen nicht immer ideal.

Was war das Schönste, dass Sie in diesem Sommer erlebt haben?
SCHLIERENZAUER: Das war definitiv mein Urlaub in Florida. Ich war das erste Mal über einen längeren Zeitraum in den USA und habe dort das Lebensgefühl, die tolle Stimmung und das schöne Wetter voll aufsaugen können. Außerdem konnte ich coole Fotos machen – Motive gibt es dort ja zur Genüge.

Apropos Fotos – wann kann man die bewundern?
SCHLIERENZAUER: Heuer geht sich das nicht mehr aus. Aber ich plane, im nächsten Jahr, wieder eine Ausstellung zu machen.

Kommen wir zu Ihrem täglich Brot: Wie läuft es mit der Saisonvorbereitung?
SCHLIERENZAUER: Ich habe die abgelaufene Saison genauestens analysiert und arbeite derzeit an Teilbereichen. Da geht es vor allem darum, bei Technik und Material den Feinschliff zu bekommen und das Grundpaket zu optimieren. Denn im Endeffekt hängt alles miteinander zusammen. Und ist irgendwo der Wurm drinnen, verliert man gleich zwei bis drei Meter. Kurz gesagt, der Weg zur Topform ist noch nicht zu Ende.

Sie heben heuer in Ihre zehnte Saison ab. Wie können Sie sich trotz all Ihrer Erfolge nach wie vor motivieren?
SCHLIERENZAUER: Die Begeisterung und Freude für den Sport sind nach wie vor sehr groß und die wichtigsten Antriebsfedern. Ich habe auf alle Fälle noch den nötigen Pfeffer im Hintern. Außerdem ist es in den vergangenen zwei Jahren nicht immer nach Wunsch gelaufen – die Herausforderung, dies wieder zu ändern ist fast spannender, als stets von Sieg zu Sieg zu springen.

Wird man Sie heuer auch einmal beim Sommer-GP sehen?
SCHLIERENZAUER: Ich habe da mit Coach Kuttin eine Sonderregelung ausgehandelt und springe nur, wenn im Training alles passt. Denn das Gefühl für den richtigen Sprung zu finden, ist weit wichtiger als gute Ergebnisse im Sommer.

Im Regelbereich hat sich auch wieder etwas getan: Die FIS ließ im Sommer alle Athleten neu vermessen und macht das auch vor jedem Sprung, um Schummlern das Handwerk zu legen. Eine gute Neuerung?
SCHLIERENZAUER: Auf alle Fälle. Die Springer versuchen überall, ein bisschen mehr Tragfläche herauszuholen. Dafür sind ihnen alle Mittel recht und sie befinden sich dabei oft in Grauzonen. Die sollen damit ausgeräumt werden.

Angeblich soll es nicht mehr erlaubt sein, sich vor dem Sprung auf die Oberschenkel zu klopfen . . .
SCHLIERENZAUER: Ja, man soll den Anzug gar nicht mehr berühren dürfen. Ich denke, wenn jemand vor dem Sprung nochmals daran zieht, um den Anzug zu dehnen, dann sollte er disqualifiziert werden. Aber, wenn sich ein Athlet auf dem Zitterbalken nochmals auf die Brust klopft, sollte das erlaubt sein. Aber da mache ich mir keine Sorgen, die Verantwortlichen werden das richtige Fingerspitzengefühl beweisen.

Ihr Saisonziel ist wohl die Skiflug-WM am Kulm?
SCHLIERENZAUER: Mein Ziel ist es, konstant mein Potenzial abrufen zu können. Gelingt mir das, ist es die beste Bestätigung meiner Arbeit. Wie der Bewerb heißt, ist dann eigentlich egal. Aber natürlich ist eine Heim-WM schon ein ganz besonderer Nervenkitzel. Vor allem ist es in meiner zehnten Saison das erste Mal, dass ich eine WM vor eigenem Publikum springen kann.

Noch ein kurzer Themenwechsel: Wie haben Sie den tragischen Unfall Ihrer Tiroler Landsfrau Kira Grünberg (Anm.: Die Stabhochspringerin ist seit einem Trainingsunfall querschnittsgelähmt) erlebt?
SCHLIERENZAUER: Ich kenne Kira nicht sehr gut, wir haben uns aber des Öfteren beim Trainieren im Olympiastützpunkt Innsbruck in der Kraftkammer getroffen. Die Geschichte ist natürlich sehr tragisch und zeigt, wie schnell es gehen kann. Und es kann jeden treffen. Als Spitzensportler muss man so etwas ausblenden, aber ein Restrisiko bleibt immer – egal, ob im Sport oder beim Autofahren. Ich kann Kira auf alle Fälle nur alles Gute wünschen.

Auch das Skispringen zählt zu den gefährlichen Sportarten. Fühlen Sie sich bestmöglich geschützt, oder hätten Sie hinsichtlich Sicherheit noch Verbesserungsvorschläge?
SCHLIERENZAUER: Tatsache ist, dass es durch das aggressivere Material und den aggressiveren Sprungstil heute mehr Stürze und Verletzungen gibt als früher. Doch es gibt eine Experten-Kommission, die für unsere Sicherheit hoffentlich immer das Bestmögliche herausholt.

INTERVIEW:ALEXANDER TAGGER