"Ich hab genau gar nichts mehr gesehen. Aber so ist das, so knapp liegen Sieg und Niederlage beisammen", sagte Hirscher nach dem Aus im Slalom, der ihm mit völlig schneebedeckter Ski-Brille passierte. Nach der Fahrt des späteren Gold-Gewinners Jean-Baptiste Grange
aus Frankreich, der zur Halbzeit Fünfter war, wurde der Schneefall in den Rocky Mountains dichter und dichter. Das danach folgende Quartett wurde bei wohl grenzwertigen Bedingungen in der Wertung nach hinten durchgereicht bzw. schied aus. Auch der Halbzeit-Zweite Alexander Choroschilow aus Russland, der am Ende Achter wurde, berichtete danach von einem "totalen
Blindflug", Hirscher sprach von "grenzwertigen" Bedingungen.

Der Salzburger war nach dem tückisch gesetzten ersten Durchgang des Rennens in Beaver Creek noch recht deutlich in Front gelegen, und auch bei der letzten Zwischenzeitmessung im zweiten Lauf hatte es noch "grün" aufgeleuchtet. Danach gingen jedoch im wahrsten Sinne des Wortes die Lichter aus und Hirscher fädelte ein. Insofern tat sich der dreifache Gesamt-Weltcup-Sieger bei der Ursachenforschung leicht. "Wenn man Fehler bei sich selbst suchen muss, ist das schlimmer. Heute waren es ganz klar die äußeren Bedinungen", resümierte Hirscher.

"Großes Geschenk"

So konnte sich der zur Halbzeit fünftplatzierte Grange noch Gold sichern, es war sein zweiter WM-Titel nach 2011. "Es ist unglaublich für mich, ich hätte nie gedacht, hier gewinnen zu können. Es ist ein großes Geschenk für mein Bemühen", sagte der Neo-Weltmeister in einer ersten Stellungnahme. Da auch der Russe Alexander Choroschilow und der Schwede Andre Myhrer im zweiten Lauf noch vom Podium fielen, änderte sich dieses komplett. Dopfer und Neureuther schafften noch den Sprung unter die Top-Drei.

Der als einziger ÖSV-Athlet klassierte Herbst war mit dem Ergebnis nicht unzufrieden. "Der zweite Durchgang war sicher nicht schlecht, mir war es wichtig, dass ich eine saubere Fahrt habe, ohne Bock, das ist mir schon gelungen. Es war okay", sagte Herbst.

Bereits im ersten Durchgang Endstation war für die Routiniers Mario Matt (35) und Raich (36), der nach dem Ausscheiden im Riesentorlauf eine völlig verpatzte neunte WM seiner Karriere erlebte. Olympiasieger Matt sprach nach seinem Einfädler von einer "Kopie des gesamten Winters". Er finde es fast schon unglaublich, dass er im Training wahnsinnig schnell sei, im Rennen aber nie belohnt werde. Die vor wenigen Tagen erlittene Knöchelverletzung wollte Matt nicht als Ausrede gelten lassen.

Wie Matt hat auch Raich noch keine Entscheidung getroffen, ob er die Karriere fortsetzen wird. "Ich möchte das nicht jetzt in der Emotion entscheiden. Du musst spüren, ob du noch eine Freude und eine Chance hast", meinte der Pitztaler, der hinzufügte: "Man kann natürlich auch sagen, dass es genug ist. Alt genug wäre ich auf jeden Fall." Raich haderte wie viel mit der äußert eigenwilligen Kurssetzung, auch wenn ihm der Lauf sehr gut gelegen sei. "Zum Zuschauen ist es eine Katastrophe. Ich empfinde das fast als Frechheit."

Die Reaktionen

Jean-Baptiste Grange (FRA/Gold): "Es ist unglaublich für mich, ich hätte nie gedacht, hier gewinnen zu können. Ich habe viel gearbeitet in der letzten Woche. Es ist oft so, dass du nicht das beste Gefühl hast zwischen den Läufen. Am Start war ich relativ entspannt. Ich bin gefahren, wie ich fahren muss, um schnell zu sein. Dass alle noch hinter mich gefallen sind, hätte ich nicht geglaubt, es ist ein großes Geschenk für mein Bemühen."

Fritz Dopfer (GER/Silber): "Ich habe auf keinen Fall damit gerechnet, auch nicht vor dem heutigen Tag. Großer Dank an die medizinische Abteilung, vor einigen Wochen hätte ich mir nicht erträumen können, dass ich hier schmerzfrei stehen kann. Heruntenstehen und warten und zittern, dass kenne ich schon von Sotschi. Da bin ich schlussendlich Vierter geworden, ich habe gehofft, dass es kein Deja-vu gibt. Ich bin belohnt worden für die harte Arbeit."

Felix Neureuther (GER/Bronze): "Ich habe gewusst, dass noch alles drinnen ist. Wie ich ins Ziel gekommen bin, habe ich mir gedacht, dass es sich nicht ausgeht, wegen dem einen großen Fehler. Sicher ist die Medaille schön, aber man will nie gern von einem Fehler des Konkurrenten profitieren, sondern es normal gewinnen. Ich bin mir bewusst, dass es heute wieder ein vierter Platz werden hätte können. Marcel ist im Endeffekt ausgeschieden, das ist gut für mich, aber er hat auch schon einige Medaillen gewonnen, von dem her ist es schon okay. Es war sehr schwierig. Der erste Durchgang war ein unvorstellbares Gemurkse, gefühlt war der Zweite doppelt so schnell wie der erste. Ich habe probiert alles zu riskieren, das ist bis auf den einen Fehler voll aufgegangen."

Marcel Hirscher (AUT/ausgeschieden): "So ist es halt, schlussendlich hat sich das Podium noch stark gedreht. Am ersten Tag habe ich ein bisschen Glück gehabt in der Kombi, auch die restlichen Rennen waren auch ein Traum, was soll es. Ich habe leider nichts mehr gesehen, aber so ist es. Sieg und Niederlage können oft zehn Tore getrennt sein, das ist das krasse am Sport, dass es schnell geht. Ich darf aber nicht sudern anfangen, ich habe drei Medaillen, zwei Goldene, eine Silberne, allgemein war es eine super WM."

Reinfried Herbst (AUT/12. Platz): "Der zweite Durchgang war sicher nicht schlecht, mir war es wichtig, dass ich eine saubere Fahrt habe, ohne Bock, das ist mir schon gelungen. Es war ein guter Lauf, ich wollte, dass es grün aufleuchtet, das war mein erstes Ziel. Es war okay. Das Empfinden von der Piste war sehr gut."

Michael Matt (AUT/ausgeschieden): "Ich habe probiert, voll zu riskieren, bis dahin (Anm.: Einfädler) ist es mir auch gut gelungen. Die Sicht war eigentlich super, es wäre noch viel drinnen gewesen. Die Top-15 wären sich leicht ausgegangen, es wäre von der Startliste her brutal wichtig gewesen. Der zweite Durchgang war viel angenehmer zu fahren."