Das österreichische Damen-Tennis ist in der Krise - wieder einmal. Die Nummern eins und zwei des Landes, Tamira Paszek und Patricia Mayr-Achleitner, liegen mit den Rängen 195 und 198 gerade noch unter den Top 200. Das Problem: Tendenz fallend. Dahinter klafft schon die nächste große Lücke, die Nummer drei des Landes ist Barbara Haas, die auf Rang 299 folgt. Aber sie ist mit 18 Jahren so ziemlich die Einzige, der man zutrauen kann, dass sie das Damen-Tennis in diesem Land wieder in höhere Gefilde führt.

An solche Tiefen in den Weltranglisten-Platzierungen muss man sich erst einmal gewöhnen. In den vergangenen drei Jahrzehnten haben sich die rot-weiß-roten Vertreterinnen nämlich durchwegs einen Namen gemacht in der internationalen Tennis-Szene. Seit 31 Jahren, genau seit Sommer 1984, als Petra Huber als erste Österreicherin unter die Top 100 der Welt vorstieß, war unser Land mit einer kurzen Ausnahme 2005 (nach dem Rücktritt von Barbara Schett) immer mit zumindest einer Spielerin in den Top 100 vertreten.

Quantität mit Qualität

Mit zumindest einer Spielerin, wohlgemerkt. In den 90er-Jahren waren es zeitgleich nämlich gar bis zu sechs Spielerinnen in der Elite. So etwa 1995 mit Barbara Paulus, Judith Wiesner, Petra Schwarz-Ritter, Sandra Dopfer, Karin Kschwendt und der damals noch ganz jungen Barbara Schett. Auch die Quantität im Allgemeinen war eine ganz andere: Bis zu 35 Spielerinnen aus dem Alpenland waren zeitgleich in der WTA-Rangliste vertreten. Heute sind es gerade einmal 14 - und nur vier davon sind unter 20 Jahre jung. Der Niedergang kündigte sich aber an: Seit dem Jahr 2000 haben nur noch vier Österreicherinnen den Sprung unter die Top 100 geschafft (Bammer, Paszek, Mayr und Meusburger).

Gegensteuern, aber wie?

Den ÖTV-Verantwortlichen ist die Krise seit einiger Zeit bewusst. Gegenzusteuern fällt aber schwer, wie auch bei einer großen Podiumsdiskussion anlässlich des größten österreichischen Nachwuchsturniers, der Spring Bowl in Amstetten, zu hören war. Immerhin haben der neue ÖTV-Präsident Robert Groß und die führenden Trainer (unter anderen auch Günter Bresnik) signalisiert, an einem Strang ziehen zu wollen, was ja in jüngster Vergangenheit nicht immer der Fall war.

Dabei sei es gar nicht schwieriger geworden, an die Spitze zu kommen. Sagt eine, die als Trainerin im steirischen Verband gegenzusteuern versucht: Evelyn Fauth, die beste steirische Spielerin aller Zeiten. Sie war lange Jahre zwischen den Rängen 127 (beste Platzierung) und 170 klassiert, womit sie heute die Nummer eins wäre, damals reichte das nicht einmal für die österreichischen Top Ten. "Vielen fehlt leider die Hingabe, die absolute Bereitschaft ans Limit zu gehen. Die Eltern sind sehr oft darauf aus, dass sich ihre Kinder im Training wohl fühlen. Damit kommt man aber nicht an die Weltspitze", sagt Fauth.

"Fünf nach zwölf!"

Tennisnet.com-Herausgeber und Ex-Spitzenspieler Alexander Antonitsch, dessen Tochter Mira (16) eine der wenigen Hoffnungen ist, ergänzt: "Es ist nicht fünf vor zwölf, sondern zehn nach zwölf. Uns gehen die Talente aus!"

Am Mittwoch sind Paszek und Mayr-Achleitner in der ersten Runde der Qulifikation für das Grand-Slam-Turnier in Paris angetreten. Für Paszek geht die Reise weiter, denn die Vorarlbergerin bezwang SU-Wei Hsieh aus Tapei mit 6:4, 6:4. Nächste gegnerin ist Julie Coin aus Frankreich. Paszek hat in Paris 110 Punkte zu verteidigen (2. Hauptrunde aus dem Vorjahr), sollte sie in der Quali scheitern, droht ihr ein Rückfall in die Region um Rang 250. Endstation war bereits für die Tiroler Mayr-Achleitner: Sie verlor gegen die 16-jährige Tessah Andrianjafitrimo, die nur dank einer Wildcard in der Vorausscheidung mitspielen durfte, mit 2:6, 4:6.