Nun ist er es auch offiziell: Gernot Blümel ist der neuen Obmann der Wiener ÖVP. Damit haben die Wiener Schwarzen schon wieder einen Neuen: Der 34-jährige Ex-Generalsekretär der Bundespartei wurde am Samstag beim Parteitag im Museumsquartier in diese Funktion gewählt. Er freute sich über das Votum, das er prompt als "großen Vertrauensvorschuss" wertete.

Der Neo-Parteichef erhielt 94,84 Prozent bzw. 368 von 388 abgegebenen Delegiertenstimmen. Geschäftsführend steht Blümel schon länger an der Spitze der Wiener Landesorganisation. Er kam als Troubleshooter bereits einen Tag nach dem für die Partei schlechten Ausgang der Wien-Wahl im Herbst zum Zug. Damals war die Volkspartei um 4,75 Prozentpunkte auf 9,24 Prozent abgestürzt.

Gewählt wurden auch seine drei Stellvertreter - in diesem Fall genauer gesagt Stellvertreterinnen, da es sich allesamt um Frauen handelt: die Josefstädter Bezirkschefin Veronika Mickel-Göttfert, Margarete Kriz-Zwittkovits vom Wirtschaftsbund und Elisabeth von Pföstl, schwarze Bezirksrätin in der Innenstadt.

Mickel-Göttfert, die bereits bisher Stellvertreterin war, kam auf 88,14 Prozent der Stimmen. Für die beiden Neuzugänge in der Riege, Kriz-Zwittkovits und Von Pföstl votierten jeweils 87,63 Prozent bzw. 87,63 Prozent.

Finale des Reformprozesses

Der Parteitag der Wiener ÖVP war auch das Finale eines mehrmonatigen Reformprozesses. Dabei wurden ein neues Leitbild, schlankere Strukturen und moderne Statuten erarbeitet. Die Delegierten segneten den strukturellen Neustart fast einstimmig ab.

Die Neuausrichtung soll der ÖVP ein neues Selbstverständnis bringen - und zum Beispiel auch weniger gremiale Selbstbeschäftigung, wie es hieß. Das soll neben mehr Bürgerkontakt wohl auch zu neuen Mitgliedern führen sowie zu besseren Wahlergebnissen.

Dazu wurde in den vergangenen Monaten ein neues Leitbild erarbeitet. Dieses soll als Credo innerhalb der Partei dienen, aber auch zur Positionierung nach Außen. So lautet die vorgeschlagene Leitlinie der Rathaus-Schwarzen: "Freiheit schaffen, Chancen denken, Sicherheit geben!" Die ÖVP will in Wien für "so viel Freiheit wie möglich und so viel Ordnung wie nötig" kämpfen. Weiters ist im Leitantrag zum neuen Leitbild auch von "null Toleranz gegenüber allen Ansätzen, die unsere Freiheit einschränken und unsere gelebte Leitkultur infrage stellen oder gefährden", die Rede. Ein Passus, der nicht zuletzt in Zusammenhang mit der Flüchtlingsdebatte steht.

Blümel: Baustellen anpacken

Gernot Blümel gestand in seiner Rede: "Zu Beginn weiß man nicht, wo man anfangen soll und ob man alles schafft." Denn es gebe, so betonte er, genügend Baustellen, "egal ob in der Stadt, im Bund oder auf europäischer Ebene". Und: "Auch innerhalb der ÖVP Wien gibt es einige Baustellen, so ehrlich müssen wir sein."

Blümel und Vizekanzler Mitterlehner
Blümel und Vizekanzler Mitterlehner © APA/GEORG HOCHMUTH

Er habe sich gemeinsam mit den Funktionären bei der Parteitags-Vorbereitung auch mit der Vergangenheit beschäftigt. Dabei sei durchaus ein "bissl geschimpft" worden: "Aber irgendwann reicht es, irgendwann muss Schluss sein." Dass er Baustellen anpacken könne, zeige sich am neuen Leitbild und den neuen Statuten.

Häme setzte es für die SPÖ, die anders als die ÖVP noch immer am neuen Parteiprogramm arbeite. Was "die Linke" anrichten könne, dafür sei auch Wien ein Beispiel. Rot-Grün sei eine "Bilanz des Scheiterns, der Skandale und des Wegschauens", inklusive Rekordarbeitslosigkeit, Rekordschulden und dem geringsten Wirtschaftswachstum aller Bundesländer. Entsetzt zeigte sich Blümel einmal mehr über Vorstöße in Sachen Gesamtschule. Er sprach sich dagegen aus, alles über "einen Kamm zu scheren" und das Gymnasium abzuschaffen.

Verschlankte Strukturen

Im Zuge der Parteireform wurden nicht nur die Strukturen verschlankt - drei statt sechs Obmann-Stellvertreter oder die Abschaffung von 48 Gremien -, sondern auch die Statuten. Die überarbeitete Version umfasst nur mehr 55 statt 67 Paragrafen. Dabei zählt zu den wesentlichsten Neuerungen, dass Frauen gestärkt und u.a. die Kandidatenlisten vor Wahlen nach dem Reißverschlussprinzip erstellt werden sollen.

Außerdem müssen sich Mandatare bzw. Funktionäre künftig mehr anstrengen: Vorzugsstimmen werden wichtiger und alle Kandidaten müssen sich nach maximal zwei Legislaturperioden - also zehn Jahren - eine Zwei-Drittel-Mehrheit der Delegierten holen, wenn sich noch einmal antreten wollen. Und wer um einen Listenplatz mitrittern will, braucht künftig auch eine gewisse Anzahl an externen Unterstützern - also Personen, die kein ÖVP-Mitglied sind.

"Wind bläst kräftig ins Gesicht"

Gemeinderat Wolfgang Ulm hat sich beim Parteitag der Wiener ÖVP jeenfalls als veritable Spaßbremse erwiesen. Denn: Ulm ist gleichzeitig Finanzreferent der Partei. Er berichtete den Delegierten von der wenig erfreulichen Finanzsituation. "Ab sofort bläst uns der Wind kräftig ins Gesicht", warnte er.

Erstmals wurden dabei die Zahlen publik: In der schwarzen Parteikasse befinden sich rund 2,9 Mio. Euro. Das Eigenkapital ist zuletzt geschrumpft. "Wir haben in den vergangenen vier Jahren mehr ausgegeben als eingenommen. Diese Entwicklung darf sich keinesfalls fortsetzen", stellte Ulm klar.

Größte Brocken bei den Ausgaben waren demnach Werbung und Öffentlichkeitsarbeit sowie das Personal. Verschärft wird die Situation künftig vor allem durch den Rückgang der Parteienförderung nach dem Wahldesaster vom vergangen Herbst. Statt 4 Millionen Euro werden jährlich nur mehr 2,9 Millionen Euro der ÖVP zufließen.

"An allen Ecken und Enden sparen"

Ulm appellierte an die anwesenden Funktionäre: "Es wird notwendig sein, an allen Ecken und Enden zu sparen." Man dürfe nicht längerfristig mehr Geld ausgeben als einnehmen. Immerhin versuche man dies ja auch, der Stadtregierung immer wieder klar zu machen, mahnte der Finanzreferent zu Selbstdisziplin.