Mit einem Sonderzug haben die Behörden die dramatische Lage der Flüchtlinge am Salzburger Hauptbahnhof in den Abendstunden des Donnerstag entschärft. Kurz vor 20.00 Uhr befanden sich rund 550 Menschen im Bahnhofsbereich, wie der Sprecher der Stadt Salzburg, Johannes Greifeneder, mitteilte. Hunderte wurden mit dem Zug in der Nacht nach Linz gebracht.

Greifeneder zufolge wurden für sie warme Verpflegung und Kleidung organisiert. In den Notquartieren der Stadt war kein Platz mehr. Außerdem sei mit der Ankunft weiterer Flüchtlinge aus Wien im Verlauf des Abends zu rechnen, voraussichtlich müssten mehrere hundert Menschen die Nacht im Bereich des Hauptbahnhofs verbringen.

Beim Grenzübergang Nickelsdorf, wo weiterhin täglich Tausende Flüchtlinge das Burgenland erreichen, sind am Donnerstagvormittag Sattelschlepper aufgefahren. Sie brachten die ersten zwei winterfesten Großzelte, in denen die Eintreffenden die Möglichkeit haben sollen, vom nasskalten Wetter unbehelligt auf die Weiterfahrt zu warten. Österreichweit müssen noch knapp 900 Asylwerber in Zelten leben.

Laut Innenministerium sollten es bald weniger Flüchtlinge in Zelten sein, weil sukzessive andere Unterkünfte erschlossen werden. In Containern wohnen rund 280 Personen, hinzu kommen noch 170 Menschen im Container-Verteilerquartier in Innsbruck. Die Asylantragszahlen liegen weiterhin "im Schnitt" von 300 bis 400 täglich.

Quartiere am "Ende der Kapazität"

Die Verteilerquartiere seien insgesamt "weiterhin am oberen Ende der Kapazität", heißt es im Ministerium. Die Restplätze würden "vulnerablen Gruppen" vorbehalten - unbegleiteten Minderjährigen, Frauen mit Kindern, Kranken etc. Der Kritik, dass zahlreiche ins Verfahren aufgenommene Asylwerber daher schlicht obdachlos seien, entgegnet das BMI: Man bemühe sich, die Betroffenen in Transitquartieren unterzubringen.

Die Asylanträge entwickeln sich weiterhin trendgemäß: "Im Schnitt 300 bis 400 Anträge pro Tag" gebe es. Zahlen für die erste Oktoberhälfte liegen noch nicht vor, allerdings könne man davon ausgehen, dass somit insgesamt seit Jahresanfang über 60.000 Personen einen Asylantrag gestellt haben. "Nach wie vor gilt die Prognose für das laufende Jahr von 80.000 bis 85.000", so der Sprecher.

In Nickelsdorf sind seit dem frühen Nachmittag die Aufbauarbeiten der Großzelte im Gange, schilderte Polizeisprecher Gerald Koller der APA. Zu den zwei bereits angelieferten Zelten sollen in den kommenden Wochen zwei weitere kommen, erläuterte Koller. Insgesamt können die Zelte dann bis zu 4.000 Wartende aufnehmen. Die Beheizung übernimmt die Energie Burgenland.

In der Nacht auf Donnerstag waren am Grenzübergang wieder mehr als 2.000 Personen eingetroffen. Die Ankommenden leiden zunehmend unter den kalten Witterungsbedingungen. Sie werden von den Helfern mit Decken und Bekleidung versorgt. In der Halle der Veterinär-Grenzdienststelle wurde eine Essensausgabe eingerichtet. Nicht weit davon befinden sich auch die Großzelte.

Winterfeste Kleidung - Schuhe, Stiefel, Jacken, aber auch Socken - würde deshalb benötigt, so Koller. Wer helfen und Bekleidung spenden will, kann sie in Nickelsdorf zur Nova Rock Halle bringen. Eine Möglichkeit zur Abgabe gebe es auch bei der Rot Kreuz-Bezirksstelle in Neusiedl am See.

"Sofortmaßnahmen" gefordert

Der burgenländische Landeshauptmannstellvertreter Johann Tschürtz (FPÖ) verlangte am Donnerstag von Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) "Sofortmaßnahmen" im Hinblick auf nach Österreich kommende Flüchtlinge. "Auch Österreich muss eine erste Prüfung der Asylberechtigung bereits direkt an der Grenze vornehmen", erklärte Tschürtz. Der FPÖ-Politiker begründete seine Forderung mit der Ankündigung durch Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU), Transitzonen einrichten zu wollen und Flüchtlinge notfalls nach Österreich zurückzuschicken. Eine stärkere Sicherung der Grenzen sei notwendig, er fordere auch die "schnellere Abschiebung" von Flüchtlingen, die nicht asyl- oder schutzbedürftig seien, so Tschürtz.

In der Stadt Salzburg und in Wals-Siezenheim soll in der nächsten Woche wiederum der Abbau der Flüchtlingszelte erfolgen, erklärte ein Sprecher des Innenministeriums am Donnerstag auf Anfrage der APA. Die insgesamt rund 360 Asylbewerber, die derzeit in den beiden Zeltstädten leben, werden dann in winterfesten Quartieren untergebracht.

Die Transitquartiere in der Stadt Salzburg zeigten sich unterdessen am Donnerstag bei einem APA-Lokalaugenschein für den Winter gewappnet. Zumindest Kälte und Schlechtwetter sollten für Flüchtlinge am Weg zur Grenze kein Problem mehr darstellen - jedenfalls solange Deutschland weiter regelmäßig Flüchtlinge übernimmt. Denn die Kapazitätsgrenzen in den Notunterkünften wurden am Donnerstag einmal mehr erreicht.

Am Gelände der ehemaligen Autobahnmeisterei in Salzburg-Liefering herrschte am Donnerstag rege Betriebsamkeit. Das Quartier dient Flüchtlingen als Zwischenstation zwischen Hauptbahnhof und Grenze. Immer wieder kommen hier mit dem Bus Menschen an - Männer, Frauen, Kinder. Sie werden empfangen, mit Essen versorgt, können sich duschen. Am Nachmittag ist vier Stunden lang die Kleiderausgabe der Caritas geöffnet. Ein junger Syrer wartet geduldig: Er möchte seine Flip-Flops gegen wetterfeste Schuhe tauschen.

Die aufgelassenen Hallen wurden im September wieder ans Strom- und Wassernetz angeschlossen. Eine mobile Heizanlage versorgt seit kurzem die ehemaligen Garagen über Rohrleitungen mit Wärme. Menschen trocknen an Heizlüftern Kleidung, oder schlafen - in Wolldecken gehüllt - auf Feldbetten. Die riesigen Garagentore schließen zwar nicht optimal, in den Hallen ist es dennoch warm. Die Luft ist stickig, Privatsphäre gibt es nicht. Allerdings bleiben die Menschen im Schnitt nur 24 bis 36 Stunden. "Wir können leider keinen Vier-Sterne-Standard bieten, aber es muss keiner frieren", sagte Egon Leitner, der für das Land Salzburg im Einsatzstab sitzt. Er habe sich dafür jüngst einmal bei einer Familie aus Syrien entschuldigt. "We are safe. This is a 5-star-hotel for us" ("Wir sind sicher. Das ist ein Fünf-Sterne-Hotel für uns"), habe der Vater darauf geantwortet.

Die rund 750 Schlafplätze am Gelände waren am Donnerstag alle belegt. Derzeit laufen in Liefering die letzten Arbeiten, die Notunterkunft ganz winterfest zu bekommen. Per Lkw wurden zwei zusätzliche beheizbare Duschcontainer angeliefert. "Und wir adaptieren gerade eine weitere leere Halle. Damit bekommen wir noch 300 Plätze hinzu", sagte Franz Schefbaumer von der Stadt Salzburg. Das zusätzliche Gebäude wird vor allem Flüchtlingskindern ein Zuckerl bieten: Im Obergeschoß des Gebäudes soll ein warmer Spielplatz entstehen.

Aus Witterungsgründen muss auch der Waschplatz umziehen. "Hier waschen sich viele Flüchtlinge ihre Füße, auch aus religiösen Gründen. Aber dafür wird es allmählich zu kalt. Wir wollen die Leitungen darum noch heute vom Freien in eine Halle verlegen", erklärte Schefbaumer.

Beheizte Zelte an der Grenze zu Deutschland

Ortswechsel in das ehemalige Zollgebäude am Grenzübergang nach Freilassing - die letzte Station der Flüchtlinge am Weg nach Deutschland. Dort, wo vor wenigen Wochen noch Hunderte Menschen im Freien direkt auf der Brücke über die Saalach auf den Grenzübertritt warteten, ist mittlerweile eine solide Infrastruktur entstanden. "Es gibt keine Räume und Zelte mehr, die nicht beheizt sind", sagte Standortleiter Herbert Seebauer zur APA. 600 bis 800 Menschen haben hier zuletzt täglich die Grenze passiert. Im Idealfall bleiben die Flüchtlinge im Zollgebäude nur einige Stunden, mehr als zwölf Stunden seien es selten. "Die genaue Aufenthaltszeit geben die deutschen Behörden vor. Heute wurde etwa für mehrere Stunden die Grenze geschlossen, weil sie zeitweise selbst am Ende der Möglichkeiten waren." Ins Freie müssen Flüchtlinge nur am kurzen Fußweg über die Saalach. "Für Wartende gibt es aber unmittelbar an der Grenze noch zwei beheizte Zelte."