Bei teils trübem, aber mildem Herbstwetter sind am Sonntag die Landtags-, Gemeinderats- und Bürgermeisterwahlen in Oberösterreich angelaufen. Die Spitzenkandidaten hatten zu Mittag schon gewählt. Ab jetzt hieß es für sie: angespannt die Ergebnisse abwarten. Die Wahlbeteiligung dürfte hoch sein. Das berichteten die Wahlbeisitzer in mehreren Gemeinden.

Bei den letzten Wahlen 2009 war die Wahlbeteiligung mit über 80 Prozent schon relativ hoch. In manchen Gemeinden erwartet man heuer ein noch höheres Interesse. Es sind rund 1,2 Millionen Oberösterreicher aufgerufen, ihren Landtag, Gemeinderat und Bürgermeister zu wählen. Die Meinungsumfragen sagen der FPÖ aufgrund der Flüchtlingskrise starke Zugewinne, ÖVP und SPÖ dagegen Verluste voraus. Bei den Landtagswahlen 2009 kam die Volkspartei noch auf 46,8 Prozent, die SPÖ war mit 24,9 Prozent zweitstärkste Partei, die FPÖ erzielte 15,3 und die Grünen 9,2 Prozent.

LH Josef Pühringer
LH Josef Pühringer © APA/HELMUT FOHRINGER

Der amtierende Landeshauptmann Josef Pühringer (ÖVP) hofft, dass "die Oberösterreicher eine oberösterreichische Entscheidung treffen", aber "bin aber nicht blauäugig". Er wisse, dass die FPÖ großen Nutzen aus der Asyldebatte gezogen habe. "Ich kann das nicht ändern." Wenn man mit Verunsicherung und Angst arbeite, könne man leichter punkten, sagte Pühringer, der mit seiner Frau und seinem Sohn zur Stimmabgabe in seiner Heimatgemeinde Traun schritt. Nach der Wahl ging er in den Gottesdienst, danach zum Stammtisch, anschließend aß er mit der Familie zu Mittag. Am Nachmittag wird Pühringer in die ÖVP-Zentrale nach Linz kommen.

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NEOS-Spitzenkandidatin Judith Raab gab ihre Stimme in Leonding ab und zeigte sich dabei optimistisch, dass die Pinken in den Landtag einziehen werden. Mit der Frage eines Scheiterns habe sie sich nicht beschäftigt, so Raab bei der Stimmabgabe. Nach dem Urnengang wird sie für ihre Tochter, die gestern 20 Jahre alt geworden ist, Karfiollaibchen mit Kräutersoße kochen. Am Nachmittag wird sie dann " im Landhaus auftauchen, um die nächsten sechs Jahre dortzubleiben", so Raab.

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Sehr siegessicher zeigte sich bei der Stimmabgabe in Steinhaus bei Wels FPÖ-Spitzenkandidat Manfred Haimbuchner. "Ich rechne mit einem fulminanten Erfolg." Die FPÖ werde am heutigen Wahlsonntag die SPÖ überholen und mit deutlich über 20 Prozent ihr historisch bestes Ergebnis erzielen. Nach der Stimmabgabe ging Haimbuchner mit seiner Gattin zu seinem Stammwirt, wo er sich mit einem kleinen Bier und einem Schnitzel stärken wollte. Am Nachmittag fährt auch Haimbuchner nach Linz in die Wahlzentrale seiner Partei.

Reinhold Entholzer bei der Briefwahl vor acht Tagen
Reinhold Entholzer bei der Briefwahl vor acht Tagen © APA/SPÖ OÖ

SPÖ-Spitzenkandidat Reinhold Entholzer verzichtete auf die mediengerechte Stimmabgabe am Wahlsonntag und wählte schon vor Tagen per Briefwahl. Zwischen 15.00 und 15.30 Uhr wird er in der Landesparteizentrale in der Landstraße erwartet.

Rudi Anschober
Rudi Anschober © APA/HERBERT NEUBAUER

Als letzter der Spitzenkandidaten schritt der Grüne Rudi Anschober in Steyregg zur Urne. Danach ging er seiner Tradition nach und pflanzte Bäume in seinem Garten. Diesmal vier, weil es heuer seine vierte Landtagswahl ist: eine Ulme, eine Eiche und zwei Buchen. Danach bricht er in das Landhaus auf.

Erste Gremien einberufen

Schon ab Montag stehen Sitzungstermine zur Beratung des Wahlergebnisses und der Konsequenzen daraus in den Kalendern der Parteien. Die SPÖ hat für Montagabend einen Landesparteirat einberufen. Auch die NEOS haben eine Sitzung ihres Landesteams für Montagnachmittag anberaumt. Die Grünen haben sich für den Tag nach dem Urnengang noch eine Analyse des Ergebnisses ohne Gremientreffen, Sitzungen oder Statements verordnet. Informationen an die Medien sind erst am Dienstag geplant. Die Freiheitlichen haben ebenfalls angekündigt, blau zu machen. Von der ÖVP war zu hören, dass vorerst keine Sitzungen von Gremien terminisiert seien.

1,1 Millionen Wähler

1,1 Millionen Oberösterreicher sind aufgerufen, heute den Landtag, die Gemeinderäte und die Bürgermeister in den 442 Städten und Gemeinden zu wählen. Der Wahlkampf verlief so, wie ihn sich keine Partei wünscht: Fremdbestimmt. Denn nicht regionale oder kommunale Themen standen für die Landtags-, Gemeinderats- und Bürgermeisterwahlen am Sonntag im Zentrum, sondern die EU-weite Flüchtlingskrise überlagerte alles. Davon dürften laut Umfragen besonders die Blauen profitieren. Platz zwei im Land ist in Reichweite. Mit großem Interesse wird der Urnengang in Wien verfolgt, wo in zwei Wochen gewählt wird. 

Pühringer präsentierte sich angriffig

Nachdem schon das Wahlkampfthema von außen aufoktroyiert wurde und die regierende ÖVP nicht wie geplant mit ihrer Leistungsbilanz punkten konnte, unternahm sie doch alles, um nicht als Getriebene zu erscheinen. Überraschend angriffig präsentierte sich Landeshauptmann Josef Pühringer als Macher, der der "Hetze" der FPÖ eine "Asylagenda der ÖVP OÖ" entgegensetze. Zutiefst ärgerte es ihn, dass die Freiheitlichen "erste Reihe fußfrei in der Komfortzone sitzen und zur Lösung nichts beitragen", seine Partei hingegen von 46 Prozent unter die 40-Prozent-Marke abzufallen droht. Beinahe wöchentlich wartete die ÖVP zuletzt mit neuen Plakat-Sujets auf, um vor der blauen Gefahr im Land zu warnen.

Auch SPÖ-Landtags-Spitzenkandidat Reinhold Entholzer schwenkte angesichts des prognostizierten Höhenflugs des Blauen, bei dem sie vermutlich die Roten überflügeln werden, um. Noch zu Beginn des Wahlkampfes erklärte er die Vranitzky-Doktrin "FPÖ pfui" für obsolet und forderte eine Auseinandersetzung mit den Freiheitlichen. In einer Diskussion sollte herauskommen, was "die No-Gos sind". Auf diesen Diskurs verzichtete Entholzer dann doch, um anschließend "klipp und klar" eine blau-rote Koalition auszuschließen. Allerdings war von einer angekündigten Änderung der Wahlkampflinie nur wenig zu sehen. So blieben die Sujets der Wahlplakate unverändert. Der Landesparteichef mahnt darauf nach wie vor soziale "Gerechtigkeit für alle" ein. Obwohl die SPÖ, wie Landesgeschäftsführer Peter Binder sagte, vom "Jäger zum Gejagten" im Rennen um die zweistärkste Kraft im Land wurde, bemängelte so mancher Funktionär fehlenden Kampfgeist. Von dem anfangs erklärten Wahlziel "25 Prozent plus x" war im Finale nichts mehr zu hören.

Freiheitliche Gelassenheit

Angesichts der Umfragewerte von bis zu 31,5 Prozent (Ergebnis 2009 waren 15 Prozent) herrschte bei den Freiheitlichen der Eindruck von Gelassenheit. Weniger offensichtliche Ausländerhetze dafür mehr Heimatreue vermittelte FPÖ-Landesrat Manfred Haimbuchner. "Das Land. Die Menschen. Mein Berufung" lautet dementsprechend auch der Slogan auf seinen Wahlplakaten. Bei einer Heimattour durch das Land holte er sich im Gegensatz zu den anderen Parteien Unterstützung vom Bundesparteichef. So war Heinz-Christian Strache in den letzten Wochen in Oberösterreich eigentlich genauso präsent wie Haimbuchner. Aber nicht nur dieses Doppelspiel fiel auf. Gab sich Haimbuchner in der Öffentlichkeit stets als gemäßigter Rechter und wurde gar zum "Wunschschwiegersohn" stilisiert, kehrte er in Bierzelten seine andere Seite heraus: Mit derben Sprüchen über das "Schlaraffenland für Asylwerber" heizte er die Stimmung auf.

Bei den Grünen blieb es wegen dem Dauerbrenner Asyl mehr oder weniger bei dem Versuch, das Erfolgsrezept (Green Jobs, Bildungsoffensive) "Damit Oberösterreich oben bleibt" an den Wähler zu bringen. Landesrat Rudi Anschober reagierte aber auf die aktuelle Entwicklung im Land und beschwor den 27. September als Tag der "bestimmenden Richtungsentscheidung" herauf. So unternahm er - freilich ohne großen Erfolg - alles, um dem Koalitionspartner eine Zusage für Schwarz-Grün noch vor den Wahlen abzutrotzen. Trotz ernster Ausgangslage fehlte es dem Wahlkampf aber nicht an Witz. So gratulierten sie auf einem grünen Werbeplakat dem darauf abgebildeten Landeshauptmann zur Wiederwahl, um so auf die entscheidende Frage hinzuwiesen: "Schwarz-Blau oder Schwarz-Grün".

NEOS zeigten Baustellen auf

Unbeeindruckt der internationalen Aktualität zeigten die NEOS in den vergangenen Wochen die "Baustellen" in Oberösterreich auf. Die Halbierung der Parteienförderung war bestimmendes Thema ihres Wahlkampfes, bei dem auch Aktionismus nicht zu kurz kam. Da verräumte etwa Spitzenkandidatin Judith Raab ihre Konkurrenten - dargestellt als Pappfiguren - in einer pinken Scheibtruhe. Ob die Zeiten wirklich so rosig sind und die NEOS die Vier-Prozent-Hürde für den Landtagseinzug schaffen, ist laut Umfragen fraglich.