Bei der Wien-Wahl will es diesmal auch eine türkische Liste auf den Stimmzettel schaffen und folglich in den Landtag bzw. Gemeinderat einziehen. Laut einem Bericht der "Presse" (Freitagsausgabe) wird derzeit eine Kandidatur vorbereitet. Der Initiator, der in Simmering praktizierende Arzt Turgay Taskiran, war bis 2013 Präsident der AKP-nahen Union europäisch-türkischer Demokraten (UETD).

Die vor elf Jahren in Deutschland gegründete Organisation UETD hat inzwischen auch Ableger in diversen anderen europäischen Ländern - darunter auch Österreich. Anlässlich ihres zehnjährigen Bestehens hatte die Organisation im Juni 2014 den damaligen türkischen Premier Recep Tayyip Erdogan nach Wien eingeladen. Offiziell hatte der Besuch privaten Charakter, allerdings wurde die Rede des der AKP angehörenden Premiers vor mehreren Tausend Anhängern allgemein als Wahlkampfauftritt im Vorfeld der türkischen Präsidentenwahl gewertet.

Taskiran, der nun auch als Spitzenkandidat für die türkische Wien-Wahl-Liste gehandelt wird, stand bis September 2013 der UETD Austria vor und gilt als gut vernetzt in der türkischen Community. "Es soll aber nicht eine AKP-Liste sein. Es werden auch Aleviten und Kurden dabei sein", wird Taskiran in der "Presse" zitiert. Als Grund für seinen Vorstoß nennt er "den Rechtsruck und die steigende Fremdenfeindlichkeit in Österreich". Keine Partei würde der FPÖ die Stirn bieten. Für die APA war Taskiran vorerst nicht erreichbar.

Mit einem Anteil von rund einem Drittel der Stadtbevölkerung sind Migranten bei der Wien-Wahl ein heiß umkämpftes Wählersegment. Ob die Liste, die laut "Presse" alle Migranten in Wien ansprechen will, überhaupt antreten wird, ist noch nicht fix. Man prüfe derzeit die "juristischen Gegebenheiten". Der Initiator bezeichnet die Chancen für eine landesweite Kandidatur mit "jedenfalls mehr als 50 Prozent".

Um auf den Stimmzettel zu kommen, braucht man auf Landesebene 100 Unterstützungserklärungen in jedem der 18 Wahlkreise. Für einen Antritt auf Bezirksebene müssen je 50 Unterschriften gesammelt werden. Die Frist für die Einreichung der Listen läuft bis 4. September. Die Wien-Wahl selbst findet am 11. Oktober statt.

Die Rathaus-Opposition sieht die Pläne für eine türkische Liste äußerst kritisch. "Das ist ein Skandal sondergleichen", ließ Wiens FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus mit Verweis auf die kolportierte AKP-Nähe per Aussendung wissen. "Zudem wäre interessant, wer diese Liste finanziert. Es kann nicht angehen, dass Parteien aus dem Ausland ihre Dependance nach Österreich verlegen", befand Gudenus.

Die ÖVP wiederum ortet eine "Bankrotterklärung für die rot-grünen Integrationsträumereien". Eine Liste, "streng fokussiert auf das Herkunftsland", vermittle zudem nicht, dass eine "übermäßige Integrationswilligkeit der potenziellen Neopolitiker besteht", meinte Landesparteichef Manfred Juraczka.

(Schluss) rie/bei