Irmgard Griss in ihrem Debattenbeitrag für die Kleine Zeitung:
"Wie fühlt man sich, wenn einem mitgeteilt wird, dass man in Zukunft mehr bekommen wird, und sich dann herausstellt, dass es weniger sein wird? Man wird sich gepflanzt, gefoppt oder was immer vorkommen, jedenfalls aber wird man meinen, dass man offenbar nicht ernst genommen oder sogar für dumm gehalten wird.
Im Recht des unlauteren Wettbewerbs sind die Folgen ganz eindeutig. Wer seine Ware oder Leistung besser darstellt, als sie ist, verstößt gegen das Gesetz. Er begeht eine Irreführung und kann auf Unterlassung geklagt werden.
Das Gesetz über den unlauteren Wettbewerb gilt nicht für das Verhältnis zwischen Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter und Pensionsbeziehern. Der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter ist aber genau das vorzuwerfen, was im Verhältnis zwischen Unternehmen als unlauter gilt.
In einem Schreiben vom Dezember 2014 wurden die österreichischen Pensionsbezieher über die „Pensionsanpassung 2015“ informiert. Mit 1. Jänner 2015 würden die Pensionen um 1,7 Prozent erhöht; ab einer Pension von über 2.790 EUR um den Fixbetrag von 47,43 EUR.
In einer mit dem Schreiben geschickten Bezugsaufstellung war die Pension aufgeschlüsselt. Zu meinem Erstaunen musste ich feststellen, dass der Betrag nach der Erhöhung um rund 70 EUR geringer sein würde als vor der Erhöhung.
Das ist nicht das, was man sich unter einer Pensionserhöhung vorstellt und sei es auch nur eine Erhöhung um einen Fixbetrag.
Aufklärung brachte erst ein Anruf bei der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter. Nachdem die Sachbearbeiterin zuerst vermutet hatte, der Abzug sei auf eine höhere Steuerklasse zurückzuführen, stellte sich heraus, dass der Pensionssicherungsbeitrag von rund 90 EUR auf mehr als 200 EUR erhöht worden war.
Der Pensionssicherungsbeitrag ist nichts anderes als eine Pensionskürzung, deren Berechtigung ich auch gar nicht infrage stellen will. Mir geht es nur darum, dass die Pensionskürzung nicht offengelegt und zur „Pensionsanpassung“ nur auf die Pensionserhöhung verwiesen wird."
Das ist nicht fair und eigentlich auch unklug. Unfair ist es, eine Erhöhung vorzugaukeln, wenn die Pension in Wahrheit gekürzt wird; unklug ist es, die – immer wieder verlangte – Kürzung höherer Pensionen nicht als politischen Erfolg zu vermarkten.
Jedenfalls ist es aber ein Beispiel für die Feigheit, Dinge nicht beim Namen zu nennen.