Bei diesem Thema kennt das Wiener Berufsförderungsinstitut (BFI) gar keinen Spaß: Ihre Studenten müssen Bachelor- oder Masterarbeiten in einer geschlechterneutralen Form abfassen. Das hat das Kollegium der Fachhochschule so beschlossen. Andernfalls drohe bei Prüfungsarbeiten der Abzug von bis zu zehn der 100 Punkte, sagt Rektor Andreas Breinbauer.
Ein Kollege seines Hauses ist dabei offenbar noch unerbittlicher. „Ich würde auch die beste Arbeit, die nicht geschlechterneutral formuliert ist, mit einem Fünfer benoten“, soll er auf Anfrage einer Studentin gesagt haben, die sich speziell benachteiligt fühlt, weil Deutsch nicht ihre Muttersprache ist. „Gendern“, also die Verwendung des Binnen-I wie bei „MitarbeiterInnen“, mit Schrägstrich als „Mitarbeiter/-innen“ oder gar „Mitarbeiter(innen)“ macht es Leuten, die Deutsch erst erlernen mussten, besonders schwer, Texte geschlechtersensibel zu formulieren.
Rektor Breinbauer, von der Kleinen Zeitung damit konfrontiert, zeigt sich verwundert über seinen Kollegen und kritisiert: „Das hat er schlecht rübergebracht“ bzw. das „darf der Professor nicht machen“, erklärt Breinbauer. Er betont, jede nur aus formalen und nicht inhaltlichen Gründen deutlich schlechtere Bewertung von Arbeiten rigoros abzulehnen. „Das wäre ein Systemfehler“, meint der Rektor.
Solche und andere zuletzt hitzig debattierte Ungereimtheiten plus große Bedenken vieler auch teils sehr prominenter Linguisten, Hochschul-, Gymnasial- und Pflichtschullehrer oder Schriftsteller haben indes Konsequenzen: Weil sie kürzlich einen offenen Brief über das Streitthema „Sprachliche Gleichbehandlung“ an Wissenschaftsminister Reinhold Mitterlehner und Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek verfassten, reagiert nun das Normungsinstitut Austrian Standards. Es verzichtet darauf, geschlechterneutralen Umgang mit Sprache überhaupt zu normieren. Dazu fehle die Voraussetzung – ein breiter Konsens.
Nach jüngsten Umfragen lehnen 85 bis 90 Prozent der Bevölkerung die aktuelle Praxis der Textgestaltung im öffentlichen Raum ab, schreiben deren Gegner im offenen Brief an die Minister. Sie argumentieren, getrenntgeschlechtliche Texte zerstörten die gewachsene Struktur der Sprache bis zur Unlesbarkeit.
Entfacht ist der jüngste Wirbel um Binnen-I und Co. ausgerechnet vom Normungsinstitut worden. Dessen „Komitee für Büroorganisation und schriftliche Kommunikation“ hatte angeregt, auf Binnen-I und andere Gender-Formen völlig zu verzichten. Die Komitee-Chefin hatte sogar vor der „Durchsetzung zweifelhafter politischer Ziele“ gewarnt. Deshalb wurde ihre Gruppe Anfang September wegen „schwerwiegender Verstöße gegen Grundregeln der Normungsarbeit“ vom Institut kurzerhand aufgelöst.