Nach den Anschlägen in Brüssel mit mehr als 30 Toten und 230 Verletzten sucht die belgische Polizei mit Hochdruck nach weiteren potenziellen Tätern und Hintermännern. Zur Fahndung wurde am Dienstagabend ein junger Mann ausgeschrieben, den eine Überwachungskamera auf dem Flughafen Zaventem aufgenommen hatte. Dort wurden mindestens zehn Menschen durch zwei Sprengsätze in den Tod gerissen. Kurz danach detonierte eine Bombe in einer Metrostation mitten im Europa-Viertel und tötete etwa 20 Menschen.

Das Foto der Überwachungskamera des Flughafens zeigt einen Mann mit heller Jacke und einem dunklen Hut. Neben ihm sind zwei weitere, schwarz gekleidete Männer zu sehen, die an jeweils einer Hand einen Handschuh tragen. Darunter hätten sich Experten zufolge Zünder befinden können.

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Bei einer Razzia im Brüsseler Stadtteil Schaerbeek wurden am Abend in einer Wohnung eine Nagelbombe und eine Fahne der Extremistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) entdeckt, die sich zu den Taten bekannt hatte. Ein Taxifahrer sagte dem Sender VTM, er habe drei verdächtige Männer von Schaerbeek zum Flughafen gefahren. Sie hätten sich nicht von ihm bei ihrem Gepäck helfen lassen wollen.

EU-Sondertreffen

Zu den Terroranschlägen soll es in Kürze ein Sondertreffen der für Innere Sicherheit zuständigen EU-Minister geben. Wie die niederländische EU-Ratspräsidentschaft mitteilte, könnte es bereits am kommenden Donnerstag organisiert werden.

Als Reaktion auf die Anschläge von Brüssel erwägt die EU-Kommission einem Bericht der deutschen Zeitung "Die Welt" (Mittwochausgabe) zufolge die Einführung von Sicherheitskontrollen vorzuschlagen, die bereits vor dem Betreten eines Flughafengebäudes stattfinden sollen.

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Hunderte Belgier haben am Dienstagabend in Brüssel der Opfer der Anschläge am Flughafen und in der U-Bahn gedacht. Sie versammelten sich auf der Place de la Bourse im Zentrum der belgischen Hauptstadt und legten Blumen nieder und zündeten Kerzen an. Viele waren in die belgische Flagge gehüllt.

IS bekannte sich zu Anschlag

Vier Tage nach der Festnahme eines Hauptverdächtigen der Attentate von Paris sind in Brüssel mindestens 30 Menschen bei zwei Bombenanschlägen getötet worden. Die Extremistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) bekannte sich zu den koordinierten Anschlägen auf den Flughafen und eine zentrale Metrostation mitten im Berufsverkehr am Dienstag in der Früh. Belgien rief die höchste Alarmstufe aus, mobilisierte Soldaten sowie zusätzliche Polizisten.

Österreich und viele andere Staaten verschärften Sicherheitsvorkehrungen an Flughäfen und Bahnhöfen. Flug- und Bahnverkehr von und nach Brüssel wurden vorübergehend eingestellt. US-Präsident Barack Obama und zahlreiche andere führende internationale Politiker verurteilten die Angriffe scharf. Die belgischen Behörden hatten Racheakte nach der Festnahme Salah Abdeslams in Brüssel befürchtet. Der gebürtige Brüsseler soll maßgeblich an der Anschlagsserie in Paris am 13. November beteiligt gewesen sein. 130 Menschen wurden damals getötet, der IS übernahm die Verantwortung. Zu den Anschlägen in Brüssel erklärte die Miliz, die "Kreuzritter-Allianz" werde wegen "ihrer Aggressionen" gegen den IS "schwarze Tage" erleben. Belgien beteiligt sich mit Kampfjets an Einsätzen gegen den IS, der in Syrien und im Irak große Landesteile kontrolliert.

Schüsse und Rufe auf arabisch

Allein in der Abflughalle des Brüsseler Flughafens wurden nach Angaben der Behörden zehn Menschen getötet und rund 100 verletzt. 20 Menschen starben und etwa 130 wurden verletzt, als eine weitere Bombe im morgendlichen Berufsverkehr einen Zug der Metro an der Station Maelbeek zerfetzte. Am Flughafen bot sich ein Bild der Verwüstung. Heruntergefallene Deckenplatten und Scherben geborstener Fensterscheiben bedeckten den Boden, dazwischen Anschlagsopfer und verstreutes Gepäck. Ein Augenzeuge sagte, er habe kurz vor den Explosionen Rufe auf Arabisch und Schüsse gehört. Hunderte Passagiere flüchteten durch einen Seitenausgang. Neben einem toten Attentäter fand die Polizei nach einem Bericht des Senders VRT ein Kalaschnikow-Sturmgewehr.

Der Sprengsatz in der Metro explodierte unterdessen, als der Zug aus der Station Maelbeek Richtung Innenstadt abfuhr. Ein U-Bahn-Waggon wurde völlig zerstört. Auf dem Gehweg vor der Metrostation auf der Rue de la Loi kümmerten sich Sanitäter um die Verletzten. Der gesamte öffentliche Nahverkehr wurde eingestellt. Der Flughafen bleibt auch am Mittwoch geschlossen.

Der öffentliche Verkehr in der EU-Hauptstadt, in der auch Tausende Österreicher leben, kam zunächst völlig zum Erliegen. Zwölf Flüge zwischen Brüssel und Wien werden ausfallen, die Fluglinien boten Gratis-Stornos und -Umbuchungen an. Am Wiener Flughafen wurden die Sicherheitsvorkehrungen verstärkt. Belgiens Ministerpräsident Charles Michel sagte, sein Land durchlebe "eine schwarze Zeit". "Was wir befürchtet haben, ist eingetroffen. Unser Land wurde von blindwütigen, brutalen und feigen Angriffen getroffen." Zugleich betonte er, dass er alles tun werde, um die Freiheit Belgiens zu verteidigen. Die Regierung ordnete eine dreitägige Staatstrauer an.

"Wir sind im Krieg"

Politiker in aller Welt verurteilten die Attentate. "Wir sind im Krieg", sagte der französische Ministerpräsident Manuel Valls. "Das Entsetzen ist ebenso grenzenlos wie die Entschlossenheit, den Terrorismus zu besiegen", sagte die deutsche Kanzlerin Angela Merkel. "Wir werden uns dieser Barbarei entschieden entgegenstellen", sagte Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP). "Diese Ereignisse haben uns getroffen, aber sie machen uns keine Angst", sagte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Obama rief dazu auf, im Kampf gegen "die Geißel des Terrorismus" zusammenzustehen. Kanzler Werner Faymann sagt, dass "Europas Zentrum angegriffen wurde". Der ungarische Außenminister Peter Szijjarto machte hingegen  die Aufnahme von Flüchtlingen verantwortlich für die Anschläge. Es gebe kaum noch einen vernünftigen Menschen in Europa, der infrage stelle, dass die Terrorgefahr wegen der unkontrollierten illegalen Einwanderung gestiegen sei.