Nach der Schließung der mazedonischen Grenze für Flüchtlinge aus Afghanistan hat Griechenland mit der Räumung der Grenze begonnen. Am Grenzübergang Idomeni fuhren am Dienstag mindestens sieben Busse ab, die abgewiesene afghanische Flüchtlinge in die Hauptstadt Athen bringen sollten. Darunter waren auch zahlreiche Familien. Slowenien schickt unterdessen seine Armee an die Grenze.

Die slowenischen Soldaten sollen dabei helfen, Migranten an der grünen Grenze abzufangen und in die Registrierungszentren zu bringen. Der Einsatz ist für drei Monate bewilligt. Seit Ungarn seine Grenzen im Oktober 2015 für Flüchtlinge praktisch dicht gemacht hat, sind knapp eine halbe Million Menschen auf der Balkan-Route durch Slowenien durchgereist. Innenministerin Vesna Györkös-Znidar betonte am Montag, ihr Land werde alles unternehmen, um nicht zur Engstelle für Flüchtlinge zu werden.

Die in Mazedonien gestrandeten Afghanen sollen vorübergehend in Auffanglagern bei Athen untergebracht werden. Nach der Schließung der mazedonischen Grenze für Afghanen waren auf der griechischen Seite tausende Flüchtlinge gestrandet. Nach Polizeiangaben warteten am Dienstag rund 4.000 Flüchtlinge an der Grenze auf die Einreise nach Mazedonien, darunter zahlreiche Syrer und Iraker. Sie werden demnach zwar über die Grenze gelassen, aber nur in einem "langsamen Rhythmus". Mazedonien wolle nicht zur Pufferzone in der Flüchtlingskrise werden, hieß es im Außenministerium in Skopje.

Die Lage an der griechisch-mazedonischen Grenze ist seit langem angespannt. Mitte November 2015 hatten die mazedonischen Behörden entschieden, nur noch Syrer, Iraker und Afghanen durchzulassen. Seit Ende Jänner dürfen nur noch Flüchtlinge die Grenze überqueren, die in Deutschland oder Österreich einen Asylantrag stellen wollen. Mazedonien hat zudem mit dem Bau eines zweiten Stacheldrahtzauns an der Grenze zu Griechenland begonnen, um illegale Grenzübertritte zu verhindern.

Am Freitag hatte Österreich Tagesquoten für die Einreise von Flüchtlingen und Asylbewerbern eingeführt. Daraufhin hatte Mazedonien seine Grenze am Sonntag auch für Afghanen geschlossen. Am Montag hatten sich am Grenzübergang Idomeni rund 600 Afghanen an einer Protestaktion auf den Bahngleisen beteiligt und die Öffnung der Grenze gefordert.

Die Lage an der griechisch-mazedonischen Grenze hat inzwischen auch Auswirkungen auf Montenegro. Dort kündigte Ministerpräsident Milo Djukanovic an, seine Grenzen für die Flüchtlinge schließen zu wollen, sollten die anderen Staaten auf der Balkanroute dies auch tun. Das Land ist sich bisher nicht von der Flüchtlingskrise betroffen. Es gibt allerdings Einschätzungen, dass eine eventuelle Schließung der Flüchtlingsroute, die derzeit über Mazedonien, Serbien und weiter nach Kroatien und Slowenien führt, eine Versetzung der Route zur Folge haben dürfte. Sie würde dann über Albanien und Montenegro und weiter nach Italien führen.

Ungeachtet der widrigen Wetterbedingungen im Winter reißt der Flüchtlingsstrom nicht ab. Nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration kamen in diesem Jahr bereits mehr als 100.000 Menschen in Griechenland und Italien an. Allein am Dienstag n der Früh erreichten weitere 1.250 Flüchtlinge per Fähre von drei griechischen Inseln Athen. Der Bürgermeister der Hafenstadt Piräus, Jannis Moralis, sagte dem Fernsehsender Mega TV, dass die Zahlen derzeit sogar stiegen: "Es kommen immer mehr Schiffe." Die Hafenterminals seien bereits voll, überwiegend mit Frauen und Kindern.

Der Chef der europäischen Grenzschutzagentur Frontex erwartet für dieses Jahr jedenfalls keine Entspannung beim Zuzug von Flüchtlingen in die EU. Wenn 2016 so viele Migranten kämen wie im vergangenen Jahr, "dann würde ich sagen, dass das kein schlechtes Jahr wäre", sagte Fabrice Leggeri am Dienstag in Berlin. Wenn die geopolitischen Gründe wie der Krieg in Syrien, die Lage in Libyen und die Situation in verschiedenen afrikanischen Ländern so blieben, würden auch die Flüchtlingsströme hoch bleiben.

In diesem Jahr habe seine Agentur bereits mehr als 140.000 illegale Grenzübertritte festgestellt - mit 82.000 die meisten davon in Griechenland, 6.000 in Italien. Im Vergleich zum Dezember habe die Zahl zwar um rund 40 Prozent abgenommen. Vergleiche man jedoch die Zahlen von Anfang 2016 mit denen vom Beginn des vergangenen Jahres ergeben sich eine Steigerung um 600 Prozent.

Würde die Balkanroute dichtgemacht, würden sich die Flüchtlinge andere Routen suchen, sagte Leggeri. "Die Erfahrung im letzten Jahr hat gezeigt, dass kein Zaun - zum Beispiel in Ungarn - Flüchtlingsströme stoppen kann."