Zehntausende Menschen sind Medienberichten zufolge im Südosten der Türkei vor Kämpfen zwischen der Armee und kurdischen Rebellen auf der Flucht. Sie verließen ihre Häuser im Altstadt-Bezirk Sur von Diyarbakir, in dem seit drei Wochen eine Ausgangssperre gelte, meldete der Sender CNN Türk unter Berufung auf Angaben der Opposition.

23 Zivilisten getötet

Auf Cizre an der Grenze zu Syrien eröffneten Militärpanzer von Hügeln aus am Dienstag das Feuer. Über der Stadt hing schwarzer Rauch, wie TV-Aufnahmen der Nachrichtenagentur Reuters zeigten. Nach Angaben der Kurden-Partei HDP wurden mindestens 23 Zivilisten getötet. In Silopi, das ebenfalls Schwerpunkt der Armeeoffensive gegen die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK ist, wurde in einigen Stadtteilen der Strom abgestellt. In Diyarbakir gingen Bewohnern zufolge Lebensmittel und Wasser zur Neige.

Insgesamt wurden innerhalb einer Woche 127 kurdische Extremisten getötet, teilte die Armee mit. Auch Soldaten kamen bei dem Einsatz ums Leben. Ferhat Encu von der HDP schrieb auf Twitter, dass die Leichen von Getöteten in Silopi wegen der dort geltenden Ausgangssperre in Häusern aufbewahrt würden. Die islamistische Kurden-Partei Hüda-Par teilte mit, Sicherheitskräfte würden in Häusern von Zivilisten gegen deren Willen Position beziehen und diese so zur Zielscheibe machen. Betroffen seien davon auch zwei Parteimitglieder.

"PKK-Kämpfer vernichten"

Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte ankündigt, die PKK-Kämpfer würden vernichtet. Die Kurden-Partei, die in der Türkei, der Europäischen Union und den USA als terroristische Organisation gilt, kämpft seit drei Jahrzehnten für mehr Autonomie. Vor zwei Jahren einigte sie sich mit der türkischen Regierung auf einen Waffenstillstand. Nachdem bei der Wahl im Juni die pro-kurdische HDP ins Parlament eingezogen war und die AK-Partei von Erdogan die absolute Mehrheit verloren hatte, ging die Armee wieder gewaltsam gegen die PKK vor. Daraufhin erklärte die PKK, sie halte sich auch nicht mehr an den Waffenstillstand.

Besorgte EU

Die EU ist über die verschlechterte Sicherheitslage im Südosten der Türkei besorgt. Dort führt das Militär eine Offensive gegen die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK. Wie ein Sprecher der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini am Dienstagabend in Brüssel sagte, müssten die politisch Verantwortlichen zu einer sofortigen Waffenruhe aufrufen und den Friedensprozess wieder aufnehmen.