In vielen europäischen Ländern steigen die rechten und rechtspopulistischen Parteien auf. In Spanien lassen derweil neue linke und liberale Protestparteien die spanischen Konservativen zittern, die eine schwere Schlappe bei der Wahl am 20. Dezember erwartet. Revolutionsstimmung statt fremdenfeindliche Sprüche bestimmen den Wahlkampf.
Eine Wahlschlacht, in der die linksalternative Empörten-Bewegung Podemos („Wir können“) und die liberale Aufsteigerplattform Ciudadanos („Bürger“) den Traditionsparteien einheizen. Spaniens Parteienlandschaft, in der bisher die regierenden Konservativen und die oppositionellen Sozialisten als Platzhirschen galten, erwartet ein politisches Erdbeben.
Einigkeit besteht bei den Meinungsforschern, dass die konservative Volkspartei von Premier Mariano Rajoy auf unter 30 Prozent stürzen und ihre absolute Mehrheit verlieren wird, die sie 2011 noch mit 45 Prozent errang .
Unklar ist, wie es nach dieser erwarteten Ohrfeige für die Konservativen weiter gehen wird. Zwar liegt in den Umfragen der 60-jährige Rajoy noch leicht vorne, doch ist ihm Spaniens neuer liberaler Polit-Star Albert Rivera, der erst 36 Jahre alte Chef von Ciudadanos, auf den Fersen. Medienliebling Rivera lässt keinen Zweifel daran, dass er nicht daran denkt, Rajoy als Juniorpartner zu einer zweiten Amtszeit zu verhelfen. „Wir wollen keinen Pakt mit Rajoy“, ruft er seinen Anhängern zu. „Wir wollen gewinnen.“

Steile Karriere

Zehn Jahr lang war Riveras Bürgerplattform eine regionale Partei, die im störrischen Katalonien für die Einheit Spaniens und gegen die Korruption kämpfte. Doch als der redegewandte Jurist Anfang 2015 seine Parteikampagne auf ganz Spanien ausdehnte, begann sein kometenhafter Aufstieg. Der neue Stern am spanischen Polit-Himmel hat sich die „demokratische Erneuerung der Nation“ vorgenommen
In der aktuellen Umfrage von „El Pais“, größtes nationales Blatt, liegen Riveras „Bürger“ mit 22,6 Prozent nur ganz knapp hinter Rajoys Konservativen (22,7 Prozent). Dicht gefolgt von den Sozialisten (22,5). Und der aus Straßenprotesten entstandenen Newcomer-Partei Podemos, die auf ansehnliche 17,1 Prozent geschätzt wird und von dem 37 Jahre alten Politologen Pablo Iglesias angeführt wird. Es könnte also spannend werden. Die neuen Protestparteien dürften auf jeden Fall eine Schlüsselrolle spielen.

Der Reiz des Neuen

Wenn dem charismatischen Rivera, dem sogar Siegchancen eingeräumt werden, ein Wahlwunder gelingt, und er gegen den Veteranen Rajoy gewinnt, erwartet Spanien ein kräftiger frischer Wind: Rivera verspricht der Nation einen „tiefgehenden Wandel“. Und eine „Regierung der Öffnung“, in der Kompetenz und nicht das Parteibuch ausschlaggebend sein soll. Der redegewandte Jungpolitiker will mit der weit verbreiteten Schmiergeld-Wirtschaft aufräumen. „Wir sind ein Team von Frauen und Männern mit sauberen Händen.“ Das klingt gut in einem Land, in dem Rajoys Konservative nach mehreren Korruptionsskandalen das Vertrauen vieler Bürger verlor. Doch egal wie die Wahl ausgeht, eines steht schon fest: Das bisherige Zwei-Parteien-System, in dem sich in den letzten Jahrzehnten die Konservativen und die sozialdemokratisch orientierten Sozialisten an der Macht abwechselten, steht vor dem 

Die frech auftretenden Neulinge Ciudadanos wie Podemos, die beide noch nicht im spanischen Parlament vertreten sind, haben den traditionellen Parteien das Fürchten gelehrt. Und dafür gesorgt, dass sich Mariano Rajoy wie der sozialistische Spitzenkandidat Pedro Sánchez plötzlich ungewohnt bürgernah geben.
Der politische Wandel in Spanien spielt sich also dank des Aufblühens der Protestparteien eher links von den ab. Rechtsradikale spielen keine Rolle. Was auch daran liegt, dass Rajoys Volkspartei Rechtspopulisten wie die immer noch zahlreichen Sympathisanten der früheren rechten Franco-Diktatur problemlos integriert.
Zu diesen Rechtsauslegern gehört Rajoys prominenter Parteifreund Xavier García Albiol, der konservative Regionalfürst in der Immigrantenhochburg Katalonien. Albiol erwarb sich dort mit Hetzsprüchen gegen Einwanderer den unschönen Ruf, ein „spanischer Le Pen“ zu sein.