Nach der Katastrophe einer russischen Passagiermaschine über dem Sinai hat die britische Regierung nach zweitägigem Verbot wieder Grünes Licht für Rückflüge aus dem ägyptischen Badeort Sharm el Sheikh gegeben.

Tausende gestrandete Touristen

Ab Freitag werden mit regulären und Sondermaschinen tausende gestrandete Touristen nach Hause geflogen, wie die Regierung und mehrere Airlines am Donnerstag bekannt gaben. Als Sicherheitsvorkehrung dürfen die Reisenden allerdings nur Handgepäck mitführen. Die Koffer müssen gesondert reisen.

London hatte am Mittwoch den Flugverkehr von und nach Sharm el Sheikh untersagt. Grund ist der Verdacht, das am Samstag nach dem Start in der Touristenhochburg über dem Sinai abgestürzte russische Passagierflugzeug sei von einer Bombe an Bord zerrissen worden. Diese Hypothese sei "mehr als wahrscheinlich", sagte Premierminister David Cameron am Donnerstag.

Die Regierung habe nun nach Konsultationen mit den Fluggesellschaften entschieden, "dass morgen wieder Flüge von Sharm el Sheikh nach Großbritannien aufgenommen werden", sagte ein Sprecher Camerons.

Ermittlungen könnten Monate dauern

Laut russischen und ägyptischen Behörden steht die Ursache des Unglücks mit 224 Toten noch nicht fest: Die Ermittlungen könnten Monate dauern, sagte der Chef des russischen Luftfahrtamts, Alexander Neradkono.

Trauer um die Opfer
Trauer um die Opfer © APA/EPA/ANATOLY MALTSEV

Tausende Urlauber sitzen indes in dem beliebten ägyptischen Badeort auf der Sinai-Halbinsel wegen der Flugstreichungen fest. Sie wurden von Reiseveranstaltern kostenlos in Hotels untergebracht. In der Region hielten sich nach Informationen aus diplomatischen Kreisen bis zu 20.000 Briten auf. Nach Angaben des Deutschen Reiseverbands (DRV) befanden sich dort auch 2.000 Deutsche. Der russische Urlaubsflieger mit 224 Menschen an Bord war am vergangenen Samstag kurz nach dem Start in dem ägyptischen Badeort über der Sinai-Halbinsel abgestürzt.

Das französische Außenministerium riet den Bürgern davon ab, nach Sharm el-Sheikh zu reisen, wenn es nicht unbedingt nötig ist. Dies gilt für den gesamten Küstenstreifen bis zur Stadt Taba. Für den Rest der Sinai-Halbinsel gibt es ohnehin eine strikte Reisewarnung. Französische Fluglinien fliegen Sharm el-Sheikh nicht an.

Ausdrückliche Reisewarnung

Das österreichische Außenministerium warnt ausdrücklich vor Reisen in den Nord-Sinai und in das Sahara-Gebiet. Für den Süd-Sinai, eben für den Badeort Sharm el-Sheikh und Umgebung, besteht ein erhöhtes Sicherheitsrisiko. Man soll demnach in den Tourismuszonen bleiben, sich an Hinweise der Hotels und Reiseveranstalter halten und nur bei bekannten Reiseveranstaltern buchen. Derzeit fliegen keine österreichischen Linien nach Sharm el-Sheikh. Die Austrian Airlines hätten die Destination im März 2014 aus wirtschaftlichen Gründen aus dem Angebot genommen, sagte ein Sprecher der AUA.

US-Regierungssprecher Josh Earnest, sagte es könne nichts ausgeschlossen werden, auch nicht die Möglichkeit einer "terroristischen Beteiligung". Washington prüfe, ob die Sicherheitsmaßnahmen auf Flügen in die USA verstärkt werden müssten, habe sich hier sowie mit Blick auf die Absturzursache aber noch nicht festgelegt.

Am Mittwoch hatte die britische Regierung alle Flüge zwischen dem Urlaubsort und Großbritannien gestoppt. Auch deutsche, irische und niederländische Fluglinien strichen Flüge nach Sharm el-Sheikh. Wie die Lufthansa in Frankfurt mitteilte, waren zwei geplante Flüge der Gruppe betroffen: Eurowings am kommenden Samstag ab Köln/Bonn und Edelweiss ab Zürich. Beide sind Mitglieder der Lufthansa-Gruppe. Air Berlin teilte mit, der nächste Vollcharter-Flug ihrer österreichischen Tochter Niki nach Sharm el-Sheikh an diesem Samstag werde derzeit überprüft. Andere deutsche Fluggesellschaften fliegen Sharm el-Sheikh nicht an.

Telefonat zwischen Cameron und Putin

Der britische Regierungschef David Cameron und Russlands Präsident Wladimir Putin berieten telefonisch über das Unglück. Es sei wichtig, bei der Bewertung der Ereignisse die aktuellen Ermittlungsergebnisse zu berücksichtigen, sagte Putin laut Kreml-Mitteilung. Cameron hatte hingegen vor dem Telefonat gesagt: "Wir können nicht sicher sein, dass das russische Passagierflugzeug von einer terroristischen Bombe zum Absturz gebracht wurde, aber es sieht mit zunehmender Wahrscheinlichkeit so aus, als sei das der Fall gewesen".

Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi äußerte bei einem seit langem geplanten Besuch in London Verständnis für die Sicherheitsbedenken der Briten. "Ich verstehe die Sorge des Premierministers um die Sicherheit seines Volkes", sagte er. Ägypten sei bereit, mit "allen Freunden" zusammenzuarbeiten, um Sicherheit für die Gäste aus dem Ausland zu gewährleisten. Er und Cameron hätten auch darüber gesprochen, wie negative Auswirkungen auf den wichtigen Tourismussektor vermieden werden könnten.

Die Regierung in Kairo wies die Vermutungen über einen Anschlag aber entschieden zurück: Die Ermittler hätten dafür bisher keine Belege gefunden, sagte der ägyptische Minister für zivile Luftfahrt, Hussam Kamal. Anderslautende Aussagen seien nur Hypothesen. Ein Anschlag wäre verheerend für die ägyptische Tourismusbranche, einem der wichtigsten Devisenbringer des Landes.