Nach der Niederlage seiner konservativen Tories bei der Parlamentswahl in Kanada tritt Premierminister Stephen Harper als Parteivorsitzender zurück. Harper habe ihn darum gebeten, die Wahl eines neuen Parteichefs vorzubereiten und einen Interimschef zu benennen, erklärte Parteipräsident John Walsh am Montagabend. Seinen Parlamentssitz will Harper nach Angaben seiner Partei aber behalten.

Absolute Mehrheit wahrscheinlich

Bei den Parlamentswahlen wurden Harpers Konservative ersten Prognosen zufolge abgewählt. Die oppositionellen Liberalen von Justin Trudeau erzielten laut Medienberichten mit über 170 der 338 Sitze die absolute Mehrheit im Parlament. Damit dürfte der 43-jährige Trudeau, ein Sohn des früheren Premierministers Pierre Trudeau, Harper nach neun Jahren an der Macht ablösen. Harper gratulierte Trudeau am Abend in seinem Wahlkreis in Calgary im Westen des Landes. Er warnte aber auch, eine liberale Regierung werde die Steuern erhöhen und das Land erneut ins Defizit stürzen. Nach neun Jahren Harper wünschte sich aber offenbar eine Mehrheit der Kanadier einen Regierungswechsel. Die Beliebtheitswerte des Langzeit-Premierministers Harper waren zuletzt im Keller - sein raues Auftreten gegen Flüchtlinge stieß in de kanadischen Bevölkerung auf großen Widerstand.

Trudeau, der seit zwei Jahren Parteichef ist, hatte am letzten Wahlkampftag "nicht nur einen Regierungswechsel, sondern eine bessere Regierung" versprochen. Der Sohn des früheren Premierministers Pierre Trudeau hatte im Wahlkampf vor allem die Mittelklasse umworben und mehr Geld für neue Infrastruktur angekündigt. Der seit 2006 regierende Harper warnte dagegen, eine liberale Regierung werde die Steuern erhöhen und das Land erneut ins Defizit stürzen.

Dritter Platz für NDP

Auf dem dritten Platz dürfte die sozialdemokratische Neue Demokratische Partei (NDP) landen. Ihr Vorsitzender Thomas Mulcair hatte im Wahlkampfendspurt an die Skandale früherer liberaler Regierungen erinnert. Trudeau versuche, "dem alten Auto eine neue Farbschicht" zu geben, doch sei es genauso verrostet wie damals, als die Wähler die Partei wegen Korruption aus dem Amt gejagt hätten, sagte Mulcair. Seine Partei hatte zuletzt in Quebec an Unterstützung verloren, weil sie ein Verbot des islamischen Kopftuchs ablehnte.