Im Ukraine-Konflikt gibt es nach der weitgehenden Respektierung des Waffenstillstands Hoffnung auf weitere Fortschritte. Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) äußerte sich nach einem Treffen mit den Außenministern aus Frankreich, Russland und der Ukraine am Samstagabend in Berlin zuversichtlich.

Entscheidende Fortschritte

Bei dem etwa dreieinhalbstündigen Gespräch sei man "in einigen Dingen entscheidend vorangekommen". Russlands Außenminister Sergej Lawrow sprach von einer "wichtigen Etappe" zur Vorbereitung des Ukraine-Gipfels am 2. Oktober in Paris mit der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko, Russlands Staatschef Wladimir Putin und Frankreichs Präsident Francois Hollande. Siebeneinhalb Monate nach den Friedensvereinbarungen von Minsk wollen sich dann die Staats- und Regierungschefs aus allen vier Ländern erneut zusammensetzen. Lawrow sagte, wichtig sei jetzt, die bestehenden Vereinbarungen auch einzuhalten.

Nach Steinmeiers Worten gibt es gute Chancen, dass nächste Woche eine konkrete Vereinbarung zum Abzug von Waffen von der Demarkationslinie im Osten des Landes unterzeichnet wird. Die Einigung zum Rückzug leichterer Waffen und Panzerfahrzeuge müsse "so schnell wie möglich finalisiert und umgesetzt" werden - möglichst schon bei der nächsten Sitzung der Arbeitsgruppe Sicherheit der Kontaktgruppe, forderte Steinmeier.

Landminen entfernen

Zudem sei man sich einig darin, dass mit der Entfernung von Landminen begonnen werden könne. Dies eröffne die Chance für weitere Verbindungen aus dem Westen der Ukraine in die von prorussischen Separatisten kontrollierten Gebiete im Osten.

Auch beim Thema Wahlen seien die Außenminister in dem etwa dreieinhalbstündigen Gespräch "spürbar vorangekommen". Im Prinzip sei man sich zudem einig, dass die Lokalwahlen im Herbst auf einer gemeinsamen Rechtsbasis stattfinden sollten und unter Aufsicht der OSZE. Hintergrund sind Pläne der Separatisten, am 18. Oktober eigene Lokalwahlen abzuhalten. Die Regierung in Kiew verweigerte bisher direkte Gespräche mit den Separatisten über das Thema, solange diese Wahlen nicht abgesagt sind. Im Minsker Abkommen hatte sich die Konfliktparteien im Februar darauf verständigt, dass die Lokalwahlen nur auf Basis des ukrainischen Rechts stattfinden dürfen.

"Sicherheit ist am Ende Voraussetzung für alles - auch Voraussetzung dafür, dass überhaupt Wahlen durchgeführt werden können", sagte Steinmeier, der zuvor auch ein bilaterales Gespräch mit seinem russischen Kollegen Lawrow geführt hatte. Allerdings gebe es immer noch "schwierige und strittige Fragen".

Besonders wichtig sei aber auch, vor dem kommenden Winter die humanitäre Situation der Menschen in der Ostukraine zu verbessern. Dazu gehöre etwa eine sichere Wasserversorgung.

Der Friedensplan, der Mitte Februar bei einem Gipfel in der weißrussischen Hauptstadt Minsk vereinbart wurde, ist in entscheidenden Teilen immer noch nicht umgesetzt. Seit dem 1. September wird jedoch der Waffenstillstand, den ukrainische Einheiten und prorussische Separatisten immer wieder gebrochen hatten, weitgehend eingehalten. Insgesamt gab es in dem Konflikt seit Frühjahr 2014 bereits annähernd 8.000 Tote.

Steinmeier sagte: "Wir sind bei weitem nicht so weit, wie ich mir das wünsche. Aber wir haben heute Gott sei Dank eine andere Debatte gehabt als bei den letzten Zusammentreffen. Das Gespräch heute Abend hat mir gezeigt, dass sich die Mühe lohnt." Alle Beteiligten hätten erkennen lassen, dass sie "Fortschritte in der Sache wollen".

Das Treffen in der Villa Borsig, dem Gästehaus des Auswärtigen Amts, war bereits das siebente dieser Art im sogenannten Normandie-Format seit Juli 2014. Weitere Teilnehmer waren der ukrainische Außenminister Pawlo Klimkin und der französische Ressortchef Laurent Fabius.

Steinmeier sieht zudem wachsende Unterstützung für die Bildung einer internationalen Kontaktgruppe zur Lösung des Syrien-Konflikts. Die Einigung im iranischen Atomstreit haben neue Wege für Konfliktlösungen im Nahen Osten eröffnet, sagte Steinmeier am späten Samstagabend. Es sei noch nicht sicher, ob es demnächst zu einer gemeinsam auch von den USA und Russland mitgetragenen Syrien-Initiative komme. "Aber ich sehe wachsende Unterstützung für die Vorschläge des UN-Sondervermittlers", betonte Steinmeier. Der Sondervermittler Staffan de Mistura hatte die Bildung einer Kontaktgruppe unter Einbeziehung der Länder der Region wie Iran, der Türkei und Saudi-Arabien vorgeschlagen.

Nach einem Gespräch zwischen Steinmeier und Lawrow über den Syrien-Konflikt hatte es aus Delegationskreisen geheißen, dass beide Minister die Pläne unterstützten. Derzeit gibt es einen neuen internationalen Anlauf zur Lösung der Krise. Merkel hatte am Nachmittag betont, dass eine Lösung nur unter Einbeziehung Russlands gelingen könne, das den bisherigen Präsidenten Bashar al-Assad unterstützt. Vor allem die USA hatten sich besorgt über russische Waffenlieferungen an Assad geäußert.