Mit großem Pomp feierte Ägypten am Donnerstag die Einweihung des "Neuen Suezkanals". Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi fuhr in Gala-Uniform auf einer historischen Jacht an der Spitze einer Flottenparade auf dem Kanal, während Kampfflugzeuge und Hubschrauber über die Szenerie flogen. Die 72 Kilometer lange Wasserstraße wurde in weniger als einem Jahr gebaut. Teilweise verläuft sie parallel zum inzwischen fast 150 Jahre alten Suezkanal, der das Rote Meer und das Mittelmeer miteinander verbindet.

Teilweise wurde dieser alte Kanal erweitert und vertieft. Das umgerechnet fast 8 Mrd. Euro teure Projekt ist insbesondere für Präsident Abdel Fattah al-Sisi von wichtiger Bedeutung: Es soll nicht nur der trägen ägyptischen Wirtschaft Schwung geben, sondern auch sein internationales Ansehen aufpolieren.

Das Programm für die Einweihungszeremonie in Ismailia am Ufer des Suezkanal steht fest: Als Ehrengast wurde Frankreichs Präsident Francois Hollande eingeladen, auch andere ausländische Staatschefs sollen zugegen sein, wenn al-Sisi an Bord einer eleganten Jacht aus dem früheren Besitz der Königsfamilie eine Flottenparade anführt. Über ihre Köpfe hinweg sollen Kampfflugzeuge hinwegdonnern. Und auch in der Hauptstadt Kairo wird das bevorstehende Großereignis angekündigt: Dort ist die ägyptische Nationalflagge überall zu sehen. Ein großes Sicherheitsaufgebot wurde mobilisiert.

Die Erweiterung des Suezkanals um eine weitere Wasserstraße ist ein Prestigeprojekt al-Sisis, der vor seiner Wahl im Mai 2014 vor allem einen Aufschwung für die Wirtschaft und mehr Sicherheit versprochen hatte. Die Arbeiten an dem neuen Kanal wurde auf den Tag genau ein Jahr vor der Einweihung von al-Sisi in Gang gesetzt und sollten von vornherein nur ein Jahr dauern - obwohl erste Schätzungen von einer Bauzeit von drei Jahren ausgegangen waren. Die nötigen Gelder trieb die Regierung größtenteils über den Verkauf von Anleihezertifikaten an Bürger ein.

Der zügige Bau solle eine "Botschaft für die Öffentlichkeit und ausländische Investoren" sein, dass die Regierung in der Lage sei, Projekte zu leiten, sagt Amr Adly, Experte am Carnegy Center für den Mittleren Osten. Seit dem Sturz des früheren Präsidenten Mohammed Mursi vor zwei Jahren stehe die neue Führung unter dem Druck, ihre Rechtmäßigkeit innerhalb und außerhalb Ägyptens unter Beweis stellen zu müssen. Die Fähigkeit, ein wirtschaftliches Projekt wie den Neuen Suezkanal umzusetzen, sei Teil des Vorhabens, "diese Rechtmäßigkeit zu zementieren".

Der erste Suezkanal öffnete 1869, nach fast einem Jahrzehnt Bauzeit. Er ist nach wie vor eine wichtige Route für den Welthandel und eine der am meisten befahrenen Wasserstraßen überhaupt. Der "Neue Suezkanal" ermöglicht nun deutlich mehr Verkehr zwischen dem Roten Meer und dem Mittelmeer: Während dort heute 49 Schiffe täglich unterwegs sind, sollen es bis 2023 mit 97 fast doppelt so viele sein. Zudem kann der neue Kanal in beide Richtungen befahren werden - die Wartezeit für Schiffe verkürzt sich dadurch von 18 auf elf Stunden.

Für Ägypten sind vor allem die Gebühren für die Durchfahrt eine wichtige Einnahmequelle. Vom "Neuen Suezkanal" erhofft sich die Regierung, dass er noch mehr Geld in die Kassen spült. Während für 2015 Einnahmen in Höhe von 5,3 Mrd. Dollar (4,8 Mrd. Euro) erwartet werden, sollen es 2023 bereits 13,2 Mrd. Dollar sein. "Es wird sicherlich eine Steigerung der Einnahmen geben", sagt Carnegy-Experte Adly. Er könne jedoch nicht nachvollziehen, ob die offiziellen Zahlen "realistisch und glaubwürdig" seien.

Die ägyptischen Behörden jedenfalls sind mit großen Erwartungen nicht sparsam. Sie wollen das Ufer des "Neuen Suezkanals" zu einem Industrie- und Handelsgebiet ausbauen - mit mehreren Häfen und einer Service-Anlaufstelle für Handelsflotten. Alles in allem verspricht sich die Regierung für die nächsten 15 Jahren eine Million neue Jobs.