Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem weckt die Hoffnung auf eine Einigung mit Griechenland. Am Samstag könnten die Euro-Finanzminister eine "große Entscheidung" treffen. Die jüngsten griechischen Vorschläge bezeichnet Dijsselbloem als "sorgfältig". Die griechische Regierung hat pünktlich vor Ablauf einer Frist den anderen Euro-Staaten ihre Reformvorschläge unterbreitet und will so die Geldgeber von weiteren Milliardenkrediten überzeugen.

Dijsselbloem berät berät am Freitag um 13.00 Uhr mit EZB-Chef Mario Draghi, IWF-Chefin Christine Lagarde und EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker über die Reformpläne. Die Gläubiger-Institutionen - Kommission, EZB und IWF - sollen unmittelbar im Anschluss ihre Beurteilung an die Eurogruppe schicken, sagte EU-Kommissionssprecher Maragaritis Schinas am Freitag in Brüssel. Die Institutionen müssten zwei Bewertungen abgeben, eine zur Schuldentragfähigkeit Griechenlands und eine zu der von Griechenland übermittelten Liste für Reformen. "Der nächste Schritt wird die Eurogruppe morgen sein", sagte der Sprecher. Er wollte noch keine Bewertung der EU-Kommission zu den griechischen Reformplänen abgeben. Nach dem ESM-Vertrag sei dies die Aufgabe aller Institutionen. Die EU-Kommission analysiere das griechische Papier noch.

Faymann opitmistisch

Auch Bundeskanzler Werner Faymann zeigte hat sich vorsichtig optimistisch für eine Lösung im EU-Schuldenstreit. "Es gibt noch kein Ergebnis, aber die Chance auf eine Einigung besteht und diese Chance muss auch ernsthaft genutzt werden", sagte Faymann zu den Vorschlägen der griechischen Regierung. "Die konstruktiven Kräfte müssen jetzt stärker sein als jene, die unter keinen Umständen eine Lösung wollen", unterstrich der Kanzler. "Wir dürfen nicht vergessen, von dieser Krise sind die Ärmsten der griechischen Bevölkerung betroffen. Deshalb ist es unsere Verpflichtung, diese letzte Möglichkeit konstruktiv zu nutzen", so Faymann. Der Kanzler stehe in ständigem Kontakt mit den anderen EU-Regierungschefs, hieß es aus seinem Büro.

Lob aus Frankreich

Frankreichs Präsident Francois Hollande würdigt die griechischen Vorschläge als "glaubwürdig und ernsthaft". Griechenland habe gezeigt, dass es entschlossen sei, in der Eurozone zu bleiben. Die Verhandlungen müssten wieder aufgenommen werden mit dem Ziel, ein Abkommen zu erreichen, sagt Hollande. Auch Frankreichs Wirtschaftsminister Emmanuel Macron zeigte sich zuversichtlich. In den vergangenen Tagen habe es große Fortschritte gegeben. Es gebe Grund für Optimismus, was eine Einigung mit Griechenland angehe. EU-Minister Harlem Desir sagte, Europa müsse Griechenland nun unterstützen, damit es in der "europäischen Familie" bleiben könne.

Vorsicht in Deutschland

Führende deutsche Unionspolitiker zweifeln higegen an der Ernsthaftigkeit der neuen Reformvorschläge der griechischen Regierung. Fraktionsvize Ralph Brinkhaus stellte im ZDF die Frage: "Wie glaubhaft ist es, dass diese Reformliste auch umgesetzt wird?" Schließlich umfasse sie offenbar weithin frühere europäischen Vorschläge, die die Regierung in Athen und die griechischen Bürger beim Referendum am vergangenen Sonntag abgelehnt hätten. "Von daher stellt sich dann auch die Frage der Glaubwürdigkeit." Sein Kollege in der Fraktionsführung Hans-Peter Friedrich (CSU) sagte im Deutschlandfunk: "Entweder die griechische Regierung trickst ihr eigenes Volk aus oder wieder mal uns."

Auch der für Sonntag geplante EU-Sondergipfel muss nach Angaben der deutschen Regierung stattfinden. Es sei wichtig, alle 28 EU-Staaten zusammenzurufen, da von den Entscheidungen auch Länder betroffen seien, die nicht der Eurozone angehörten, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert  in Berlin. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel werde gemeinsam mit Finanzminister Wolfgang Schäuble zum Europäischen Rat reisen. Seibert sagte, die deutsche Regierung könne die eingereichten Reformvorschläge der griechischen Regierung inhaltlich noch nicht bewerten. Sie warte dazu die Prüfung der Institutionen ab. Der Vorschlag müsse auf jeden Fall einen Reformweg der nächsten Jahre beschreiben, mit dem das Land in eine nachhaltig bessere Situation kommen könne. Nur wenn dies seriös in Eckpunkten beschrieben sei, könne die Regierung den Bundestag um ein Mandat für die Aufnahme von Verhandlungen bitten.

Lettland gegen Schuldenschnitt

"Im Moment sehe ich keine Möglichkeit, dass Lettland Griechenland Geld gibt", sagte die lettische Ministerpräsidentin Laimdota Straujuma im Deutschlandfunk. Die durchschnittlichen Pensionen im baltischen Land seien deutlich geringer als in Griechenland. Wenn es aber um finanzielle Unterstützung für Krankenhäuser gehe, würden die Letten helfen, sagte Straujuma dem deutschen Radiosender. Die Regierungschefin sprach sich auch gegen eine Abschreibung von griechischen Schulden aus: "Jeder muss zu seinen Zusagen stehen."

Gipfel könnte entfallen

Optimistisch regiert die Regierung in Malta auf die Vorschläge aus Athen. Premier Joseph Muscat spricht von einer Chance für eine Einigung. "Auf den ersten Blick bieten die griechischen Vorschläge eine Gesprächsgrundlage", schreibt Muscat via Twitter. Und laut Italiens Premier Matteo Renzi könnten sich die EU-Staats- und Regierungschef den für Sonntag geplanten Sondergipfel in Brüssel sparen, falls es schon vorher eine Einigung geben sollte.

Die Gläubiger-Institutionen - EU-Kommission, EZB und IWF - sollen am Freitagabend eine Einschätzung des griechischen Reformplans abgeben, wie ein ranghoher EU-Beamter sagte. Es ist noch unklar, ob diese Bewertung schriftlich oder mündlich erfolgt. Am Samstag um 10.00 Uhr soll sich die Euro-Arbeitsgruppe auf dieser Grundlage ein Bild machen, hieß es am Freitag in Ratskreisen in Brüssel. Am Samstag um 15.00 Uhr kommen dann die Euro-Finanzminister zusammen. Wenn es in der Eurogruppe eine Einigung gebe, werde es wahrscheinlich keinen Euro-Gipfel am Sonntag geben, weil er dann nicht mehr gebraucht werde. "Wenn es keine Vereinbarung gibt, ist ganz klar, was die Konsequenzen sind", sagte ein Beamter. Die Frage der Brückenfinanzierung für Griechenland könne erst angegangen werden, wenn es eine Vereinbarung über ein drittes Hilfsprogramm gebe.