Sozialleistungen wie die österreichische Mindestsicherung darf arbeitssuchenden Bürgern aus dem EU-Ausland in den ersten drei Monaten verweigert werden. Zu dieser Einschätzung kommt der Generalanwalt am Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH), Melchior Wathelet, in seinen am Donnerstag vorgelegten Schlussanträgen zum Fall eines zeitweise arbeitslosen Spaniers in Deutschland.

Der Ausschluss gelte auch dann, wenn es um die Familienzusammenführung gehe. Voraussetzung sei, dass Hilfen wie das sogenannte Hartz IV in Deutschland der Existenzsicherung dienten und nicht den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern sollten. Andernfalls müsse der Fall genauer geprüft werden. Müsste Deutschland sofort Hartz IV zahlen, bestünde die Gefahr einer "Massenzuwanderung" und so einer Überforderung der deutschen Sozialsysteme, ergänzte der Generalanwalt. Diese Argumentation dürfte auch für die österreichische Mindestsicherung gelten.

Wathelet folgt damit der Linie des EuGH, der im November bereits in einem anderen Fall entschieden hatte, dass Deutschland EU-Ausländern Hartz IV verweigern darf, wenn sie allein zum Bezug von Sozialhilfe einreisen und keine Arbeit suchen. In vielen Fällen folgen die Luxemburger Richter der Einschätzung des Generalanwalts.

Im aktuellen Streitfall geht es um eine vierköpfige Patchworkfamilie aus Spanien. 2012 war zunächst die Frau mit der gemeinsamen Tochter nach Deutschland eingereist. Als sie im Juni 2012 eine Arbeit aufgenommen hatte, zogen der Mann und sein Sohn nach. Während der ersten drei Aufenthaltsmonate verweigerte das Jobcenter beiden Hartz-IV-Leistungen.

Die Debatte über Sozialleistungen für EU-Bürger schlägt vor allem in Großbritannien hohe Wellen. Premierminister David Cameron will Änderungen am Sozialsystem zu einem seiner Kernthemen bei den anstehenden Neuverhandlungen über die britische Mitgliedschaft in der EU machen.