Einen Tag nach den Gedenkfeiern zum Kriegsende in ganz Europa verfolgten in Moskau Hunderttausende Zuschauer die Militärparade auf dem Roten Platz. Putin nahm die bisher größte Parade zum "Tag des Sieges" zusammen mit Verteidigungsminister Sergej Schogui ab. Unter den ausländischen Staatsgästen waren UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon, Chinas Staatschef Xi Jinping, Indiens Präsident Pranab Mukherjee sowie dessen kubanischer Kollege Raul Castro.

Westen macht sich rar

Auch Spitzenpolitiker aus Ägypten, Nordkorea, Südafrika und mehreren ehemaligen Sowjetrepubliken nahmen teil. Namhafte Vertreter der ehemaligen Alliierten USA, Großbritannien und Frankreich blieben den Feierlichkeiten dagegen wegen der russischen Politik im Ukraine-Konflikt fern. Auch Bundespräsident Heinz Fischer erteilte der Einladung zur Teilnahme ein Absage. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) trifft erst am Sonntag in Moskau ein, um dort mit Putin am Grabmal des Unbekannten Soldaten einen Kranz niederzulegen.

In seiner Ansprache hob Putin die Rolle der Sowjettruppen hervor. "Man muss daran erinnern, dass es die Rote Armee war, die nach einer verlustreichen Offensive auf Berlin den Endpunkt unter den Krieg gegen Hitler-Deutschland setzte", sagte Putin. "Die Sowjetunion hat an den blutigsten Schlachten teilgenommen. Hier haben die Nazis ihre militärische Macht konzentriert", sagte Putin vor einer Schweigeminute. Die Sowjetunion hatte mit geschätzten 27 Millionen Toten die meisten Opfer während des Zweiten Weltkriegs zu beklagen.

Putin dankte aber auch den westlichen Alliierten. "Ich danke den Bevölkerungen Großbritanniens, Frankreichs und der Vereinigten Staaten für ihre Teilnahme am Sieg. Ich danke den unterschiedlichen antifaschistischen Ländern, die sich in den Reihen des Widerstands und im Untergrund an den Kämpfen gegen die Nazis beteiligt haben", sagte er.

Muskelspiele der Armee

Der Präsident zeigte sich eher versöhnlich in seiner Ansprache und verzichtete auf eine Warnung vor der Gefahr des neuen "Faschismus" in der Ukraine. Auf die schwerste Krise zwischen Ost und West seit Ende des Kalten Krieges nahm der Kremlchef aber indirekt Bezug. Die Prinzipien der Nachkriegsordnung würden immer häufiger verletzt, kritisierte Putin. Versuche, eine "monopolare" Welt zu schaffen, nähmen zu. Nötig sei aber ein System, das gleiche Sicherheit für alle Staaten garantiere. "Nur dann werden wir Frieden und Ruhe auf dem Planeten gewährleisten."

Russland nutzte die 90-minütige Militärparade am Samstag auch dazu, mehrere neue Waffensysteme vorzuführen. Neben gepanzerten Truppentransportern, Artilleriesystemen und einem Panzerabwehrsystem war darunter auch der Kampfpanzer T-14, der als Flaggschiff einer neuen Generation von Panzern gilt. Berichten zufolge soll die Armee langfristig 2.300 Panzer dieses Typs erhalten, doch gibt es Zweifel, dass das Geld dafür reicht. Das Staatsfernsehen übertrug die Gedenkfeier live. Am Ende erklang zu Salutschüssen die Nationalhymne.

Nach der Parade wurden mehr als 160.000 Menschen zu einem riesigen Umzug im Zentrum von Moskau erwartet, bei denen sie Bilder ihrer Väter oder Großväter tragen, die an dem "großen Vaterländischen Krieg" teilnahmen. Seit Tagen bereits tragen die Russen als Ausdruck des neuen Patriotismus in Erinnerung an den Sieg das russische Sankt-Georgs-Band. Auch Behörden und U-Bahnschalter sind mit dem orange-schwarzen Band geschmückt.

Auch Rebellen marschieren auf

Außer in Moskau fand auch im ostukrainischen Donezk eine Militärparade der prorussischen Separatisten statt. Knapp 1.500 Rebellenkämpfer marschierten begleitet von sechs Panzern sowie Raketenwerfern und Luftabwehrgeschützen die Hauptstraße der Großstadt hinunter. Viele trugen die rote sowjetische Fahne oder Bilder des Diktators Josef Stalin.

In Berlin gedachten Tausende Menschen der Opfer des Zweiten Weltkriegs. Vor den Sowjetischen Ehrenmalen in Treptow und in der Nähe des Brandenburger Tors legten sie am Samstag Blumen und Kränze nieder. Darunter waren Botschafter verschiedener Länder, unter ihnen der russische Botschafter in Deutschland, Wladimir Grinin.

In Russland und den meisten Nachfolgestaaten der Sowjetunion wird am 9. Mai an die Kapitulation Hitler-Deutschlands erinnert. Der Beginn des Waffenstillstands am Ende des Zweiten Weltkriegs war nach der Unterzeichnung der Kapitulation vor den Westalliierten auf den 8. Mai 1945 um 23.00 Uhr MEZ festgelegt worden. Der deutsche Generalfeldmarschall Wilhelm Keitel als Befehlshaber der Wehrmacht unterzeichnete die Kapitulation vor den Sowjets erst am 9. Mai - kurz nach Mitternacht.