Der für heute geplante Beginn des Waffenabzugs von der Frontlinie stehe momentan nicht zur Debatte, erklärte Armeesprecher Wladislaw Selesniow in Kiew. Er begründete dies mit versuchten Panzerangriffen und anhaltendem Beschuss durch die prorussischen Rebellen.

Nach Angaben der ukrainischen Regierung wurde die Waffenruhe durch die Separatisten 112 Mal verletzt. Mindestens fünf ukrainische Soldaten wurden demnach getötet. Bei den Kämpfen in der Nähe der Hafenstadt Mariupol seien zudem mehr als 20 weitere Soldaten verletzt worden.

Die ukrainische Regierung und die Rebellen hatten sich am vergangenen Donnerstag nach einem Verhandlungsmarathon unter Beteiligung Deutschlands, Frankreichs und Russlands auf ein "Maßnahmenpaket" zur Umsetzung der Minsker Verträge von Anfang September verständigt. Seit Sonntag 00.00 Uhr gilt eine Waffenruhe. Binnen zwei Tagen sollte danach eigentlich mit dem Abzug schwerer Waffen aus einer mindestens 50 Kilometer breiten Pufferzone begonnen werden.

Doch seit Inkrafttreten der Waffenruhe hielten insbesondere die Kämpfe um die strategisch wichtige Stadt Debalzewe an, in der tausende ukrainische Soldaten fast vollständig von prorussischen Rebellen umzingelt sind. Der ukrainische Armeesprecher Anatoli Stelmach warf den Rebellen vor, die Waffenruhe nicht einzuhalten und 88 Mal auf Debalzewe und umliegende Dörfer geschossen zu haben.

Die Europäische Union setzte unterdessen wie geplant weitere Sanktionen wegen des anhaltenden Ukraine-Konflikts in Kraft. Mit der Veröffentlichung im EU-Amtsblatt gelten Vermögens- und Reisesperren gegen 19 weitere Russen und Ukrainer. Darüber hinaus wurden die Guthaben von neun Institutionen in der EU eingefroren.

Unter den Betroffenen sind zwei stellvertretende russische Verteidigungsminister, Arkadi Bachin und Anatoli Antonow. Beiden wird vorgeworfen, "die Stationierung russischer Truppen in der Ukraine" unterstützt zu haben. Zudem finden sich zwei Duma-Abgeordnete sowie politische und militärische Vertreter der selbsternannten Republiken der Separatisten von Donezk und Luhansk (Lugansk) in der Ostukraine auf der Liste.

Anlass für die Sanktionsausweitung war ein Raketenangriff auf die ukrainische Stadt Mariupol, bei dem Ende Jänner 30 Menschen getötet worden waren. Die EU-Außenminister hatten die Sanktionsausweitung vor einer Woche beschlossen, ihr Inkrafttreten wegen der Verhandlungen über eine Friedenslösung im weißrussischen Minsk aber um eine Woche verschoben. Zwar kam es dort zu einer Einigung auf eine Waffenruhe, in der EU gibt es aber weitverbreitete Skepsis, ob diese auch von Bestand sein wird.

Damit stehen auf der EU-Sanktionsliste nun 151 Russen und Ukrainer und 37 Organisationen und Unternehmen. Ihnen werden Handlungen vorgeworfen, "die die territoriale Integrität, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben oder bedrohen". Ende Jänner war die Geltungsdauer der Liste bereits vorzeitig bis Ende September verlängert worden.