Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko hat Russland eine "deutliche Ausweitung" der Offensive in der Ukraine vorgeworfen. "Leider ist nach dem Abkommen von Minsk die offensive Operation Russlands deutlich ausgeweitet worden", sagte Poroschenko am Freitag bei einem Treffen mit dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban in Kiew. Seine Regierung sehe das Abkommen "in großer Gefahr".

Die Vereinbarung von Minsk sieht eine Waffenruhe vor, die am Sonntag um 00.00 Uhr in Kraft treten soll. Doch bisher dauern die Kämpfe in der Ostukraine unvermindert an. Ändert sich das nicht spätestens um Mitternacht, will Poroschenko die Einführung des Kriegsrechts nicht ausschließen. Wenn es keinen Frieden gibt, müssen wir die sehr schwere, aber notwendige Entscheidung treffen", bekräftigte Poroschenko am Samstag in Kiew der Agentur Interfax zufolge. Diesem Schritt müsste zunächst das Parlament zustimmen. Beobachter warnen vor einer Eskalation der Gewalt und einem möglichen Staatsbankrott, würde es dazu kommen.

Vereinbarung unterzeichnet

Die Vereinbarung zwischen der Regierung in Kiew und den Rebellen war am Donnerstag nach einem Verhandlungsmarathon in der weißrussischen Hauptstadt unter Vermittlung Russlands, Deutschlands und Frankreichs unterzeichnet worden.

Abgesprochen wurde in der weißrussischen Hauptstadt unter anderem auch der Abzug schwerer Waffen. Eine im September beschlossene Kampfpause zwischen Militär und prorussischen Separatisten war bislang brüchig geblieben. Auch diesmal gilt als ungewiss, ob und wie lange die Waffenruhe beachtet wird.

Kampf um Verkehrsknotenpunkt

Wenige Stunden vor der vereinbarten Waffenruhe in der Ostukraine hält nach Angaben der Armee die Offensive der Separatisten unvermindert an. In den vergangenen 24 Stunden habe es rund 120 Angriffe der prorussischen Rebellen gegeben, sagte Militärsprecher Anatoli Stelmach am Samstag in Kiew. "Es gab keine Kampfpause, vielmehr greifen die Rebellen weiterhin Debalzewe an", sagte er im Fernsehen. Debalzewe ist ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt in der Ostukraine, den die Rebellen vor der Waffenruhe unbedingt noch unter Kontrolle bringen wollen. Damit wärendie Rebellenhochburgen Donezk und Luhansk direkt miteinander verbunden. Der prorussische Separatistenführer Alexander Sachartschenko sagte, dass er überall eine Kampfpause angeordnet habe - außer eben in Debalzewe. Dort sollen Tausende ukrainische Soldaten von den Aufständischen eingekreist sein, was die Führung in Kiew zurückweist. Sachartschenko sagte, er habe angewiesen, bei Debalzewe niemanden entkommen zu lassen.