"Ich wusste nicht wirklich, was ich tat. Aber meine Naivität sollte mich schlussendlich an die richtigen Plätze führen." Als es Robert Kyncl mit 18 aus der damaligen Tschechoslowakei in die USA zieht, führt im Kopf des begeisterten Skifahrers noch Chaos Regie. Knapp 25 Jahre und einige Ausbildungs- wie Berufsstätten später spricht er reflektierte Sätze in fließendem Englisch und gilt als einer der wichtigsten Youtube-Drahtzieher.
"Head of Content and Business Operations" nennt sich die Arbeitsbeschreibung, Kyncls Job ist es, noch mehr Werbung in die Nähe der spielenden Katzen oder scheinbar spontan küssenden Menschen zu bringen. Wobei steigender Umsatz, und Youtubes Zahlen wachsen rasant, für Kyncl nur ein attraktiver Aspekt ist.
Eher sei Youtubes Gründergedanke, jedem Menschen mit Internetzugang eine Plattform für seine Botschaften zu geben, die Antriebsfeder. Freilich: Chinesische oder russische Zensurmaßnahmen haben das Anfangsversprechen heute teils ad absurdum geführt, sogar kritische Kommunikationswissenschafter räumen aber ein, dass das zu Google gehörende Unternehmen Demokratie, Transparenz und Diskurs grundsätzlich fördere.
40 Prozent über Smartphone und Tablet
Auch, weil zur Handhabung heute nicht mehr als ein Smartphone notwendig ist. Auf der passiven Seite, also auf jener des Betrachters, haben die mobilen Alleskönner ebenfalls eine neue Zeit anbrechen lassen. "40 Prozent der gesamten Youtube-Nutzung findet über Smartphones und Tablets statt", sagt Kyncl im Gespräch. Vor drei Jahren sei der Wert gerade einmal bei „sechs Prozent gelegen“, die mobilen Zugriffe würden zudem doppelt so schnell wachsen wie die Desktop-Aufrufe. Angesprochen auf die Zukunft von Youtube antwortet der Tscheche rasch: "It’s just mobile, mobile, mobile."
Von einem digitalen Video-Markt, der über 400 Milliarden Dollar schwer sein soll, spricht Kyncl gerne. Rund die Hälfte davon würde im Geschäft mit Bezahlabos liegen, die anderen 50 Prozent davon in Youtubes Metier – Videos mit Werbung – fließen.
Die Zielgruppe der Spieler
Auch deswegen sei es laut dem Youtube-Manager klar, dass sich heute „jedes Unternehmen der Welt in Richtung Online-Video bewegt“. Konkurrenten sprießen monatlich aus dem Boden, Google tue alles, um seine Vormachtstellung nicht zu verlieren.
Eine Milliarde Dollar soll der IT-Gigant deswegen im letzten Jahr für die boomende und vor allem bei Computerspiel-Freunden hoch angesagte Streaming-Plattform Twitch geboten haben. Am Ende aber holte sich Amazon den Zuschlag und Google bloß die Enttäuschung. Indessen startete auch Twitter mit dem Echtzeitvideoangebot „Periscope“ und in den USA setzen Youtube digitale Angebote von etablierten Größen wie AOL, HBO oder Facebook zu. Zudem soll Apple seit Längerem intensiv an der Entwicklung einer Video-Plattform arbeiten, die noch 2015 präsentiert werden könnte.
"Charlie bit my finger -again!" ist in zehn Jahren Youtube das beliebteste Video der Österreicher
Doch Youtube wäre nicht Youtube, hätte man nicht selbst viel Neues im Innovationsköcher. Zum einen sollen 50 Entwickler an der ebenfalls auf Spieler zugeschnittenen Plattform „Youtube Live“ tüfteln und zum anderen ließ Google erst jüngst wissen, dass man in Sachen „360-Grad-Videos“ noch in diesem Sommer viel vor habe.
Wie dem auch sei: Eine Dekade digitaler Dominanz hat Youtube hinter sich. Vieles spricht dafür, dass weitere zehn Jahre folgen. Ebenso klar ist aber, dass heute ein viel schärferer Wind weht als 2005. Hier der direkte Link zum Youtube-Special