Im Sternen- und Haubenhimmel der Köche steht Humor nicht zwangsweise auf der Speisekarte. Einer, der ihn zu seinem täglich Brot zählt, kocht am 15. April in der Grazer Stadthalle auf. Horst Lichter vergrößert mit beharrlichem Lustigsein stetig seine Fangemeinde. Butterschwenkend und schnauzbartzwirbelnd kocht er jeden Samstag im ZDF an der Seite von Österreichs medial erfolgreichstem Kochexport, Johann Lafer.
Ihr Leben war nicht immer eine Show - zwei Schlaganfälle mit 26 und 28, dazu ein Herzinfarkt. Ihre Tochter starb mit sechs Monaten -, ist Frohsinn Ihr Patentrezept in schlechten Zeiten?
HORST LICHTER: Ich habe getrauert, das ist auch wichtig. Aber es gibt Parallelwelten - die der Gesunden und die der Kranken. Kaum ein Gesunder beschäftigt sich gern mit Menschen, die Schicksalsschläge erlitten haben. Ich wollte den Kontakt zu ihnen aber nicht verlieren und habe gelernt, dass ich ihnen helfen muss, den Umgang mit mir zu erleichtern - positiv zu sein, damit sie keine Angst vor mir haben müssen.
Humor ist, wenn man trotzdem lacht. LICHTER: Mein Vater ist mit 56 gestorben. Wenn ich meine 51 Jahre auf einem Metermaß gegenrechne, dann bleiben mir noch fünf Frühlinge. Ich habe also keine Zeit für schlechte Laune. Wenn ich mich ärgere, dann nur kurz.
Was ärgert Sie denn?
LICHTER: Undankbare oder berechnende Menschen, Neid, Egoismus in übersteigertem Maße - und wenn man sich über Menschen lustig macht, mit denen es der liebe Gott nicht so gut gemeint hat. Ich weiß, wie schnell man auf der anderen Seite ist.
Bei Lebensmittelskandalen bleibt einem aber auch das Lachen im Hals stecken.
LICHTER: So etwas regt mich auf! Die Geldgier dieser Menschen verstehe ich nicht, die dürften nie mehr mit Lebensmitteln zu tun haben. Das ist Betrug am Normalverbraucher.
Was kann da der Einzelne tun? LICHTER: Da sind wir relativ hilflos. Die Politik dafür verantwortlich zu machen, wäre zu einfach. Man kann darauf achten, was man kauft, muss sich das aber leisten können - und man kann alte Werte leben: dass wir mehr Respekt vor den Lebensmitteln und dem Menschen haben, dass Kinder Erwachsene grüßen . . .
Als Kind wollten Sie Koch werden, die Kochlehre lief gut, warum hatten Sie dann keine Lust mehr auf Ihren Beruf?
LICHTER : Die Lehre war hart, aber genau so, wie ich sie mir vorgestellt hatte. Der Chef war ein richtiger Gastronom - hat die Gäste gut unterhalten und gut bekocht. In den Betrieben danach ging's nur mehr ums Geldverdienen, nicht mehr um die Gäste, das hat keinen Spaß mehr gemacht.
Was können Sie jungen Leuten raten, die Koch werden wollen?
LICHTER : In erster Linie: Haltet durch! Die blöden Sprüche von früher, "Lehrjahre sind keine Herrenjahre", stimmen leider wirklich. Man muss sich bewusst sein, dass man viel opfern muss. Wenn einer das durchhält und wirklich will, dann hat er einen wunderbaren Beruf, in dem er viel Erfolg haben und Lob bekommen kann.
Sie haben einmal gesagt, hätten Sie früh Erfolg gehabt, wären Sie ein Arschloch geworden. Wie kann man jungen Leuten beibringen, mit Erfolg umzugehen? LICHTER: Ich habe nichts dagegen, wenn ein junger Mensch seinen Erfolg feiert, aber dabei sollte man nie die Demut verlieren. Jeder Megastar ist irgendwann vergessen. Und all den Menschen, die einen bewundern, schuldet man Dankbarkeit, weil sie einem erst dieses Leben ermöglichen. Wenn ich das einmal vergesse, verdiene ich den Erfolg nicht.
Einen Stern für Lebensfreude haben Sie sich verdient, warum wollten Sie keinen für Ihre Küche?
LICHTER: Ich hatte nie das Bestreben, in die Sterneküche zu gehen. Ich koche gerne, aber lieber habe ich die Menschen am Tisch. Wenn ich Theater mache, will ich ihnen einen schönen Abend bereiten und nicht dafür bewundert werden, dass ich aus einer Möhre
eine Rose schnitzen kann.
Das ist doch auch eine Kunst. LICHTER: Ich bewundere die Kollegen ja auch dafür, solange sie sich selber nicht zu wichtig nehmen. Wenn der wichtigste Mensch im Lokal der Koch und nicht der Gast ist, ist etwas schiefgelaufen - dann ist das kein Gasthaus mehr, sondern ein Kochhaus.
BIRGIT PICHLER