Im Juni wird erstmals ein mit 50.000 Euro dotierter Maria Lassnig Preis vergeben. Das ist eine der Aktivitäten, die von der vor einem Jahr gegründeten Maria Lassnig Stiftung angekündigt werden. Die Website ist am Donnerstagabend online gegangen. Stiftungssitz sind die ehemaligen Atelierräume der Künstlerin in Wien-Penzing, wo auch ein Schauraum eingerichtet werden soll.

"Riesiges Interesse"

"Das Interesse an Maria Lassnig, speziell unter den jüngeren Kuratoren, ist riesig", schwärmt Stiftungs-Vorsitzender Peter Pakesch, der langjährige Leiter des steirischen Universalmuseums Joanneum, im Gespräch mit der APA. Die von der Künstlerin Maria Lassnig (1919-2014) selbst gegründete Stiftung verfügt über "einen sehr guten Bestand von sehr unterschiedlichen Werken", darunter rund 250 Gemälde und mehr als tausend Zeichnungen. "Die Werke sind alle fotografiert worden. Nun werden sie in eine Datenbank eingearbeitet, die das Rückgrat für das Werkverzeichnis bilden wird. Der Zeithorizont dafür beträgt vermutlich mehrere Jahre."

Die Stiftung ruft Eigentümer von Werken Maria Lassnigs zur Mitarbeit und zu "Hinweisen zum Verbleib von Arbeiten" auf. Die Datenbank soll mittelfristig zumindest für wissenschaftliche Zwecke zugänglich gemacht werden. Die meisten Werke der Stiftung befinden sich in einem gesicherten Depot, ein Teil soll aber auch in dem auf einer Etage des Ateliers geplanten Studienzentrum ausgestellt werden. Und einige wenige Bilder wurden auch bereits an Museen verkauft, zuletzt etwa das 2011 entstandene Gemälde "Vom Tode gezeichnet", das vom Museum Ludwig in Köln über die Berliner Galerie Capitain Petzel um 250.000 Euro erworben wurde. Auch das Kunstmuseum Basel und das New Yorker MoMA hätten Werke erworben.

Werk soll langfristig gesichert werden

Zentrale Aufgabe der gemeinnützigen, aus dem materiellen Vermögen Maria Lassnigs gespeisten Stiftung ist es, das Werk Maria Lassnigs langfristig zu sichern, ihr Schaffen der Öffentlichkeit näher zu bringen und das Verständnis für ihre Arbeit zu vertiefen. Daher unterstützt man auch zahlreiche Ausstellungsvorhaben. Eine umfangreiche Retrospektive von 40 bis 50 Werken Maria Lassnigs (zwei Drittel davon aus der Stiftung) wird von Kasia Redisz, der Chefkuratorin der Tate Liverpool zusammengestellt.

Von Liverpool, wo die Schau von 18. Mai bis 18. September zu sehen sein wird, wandert die Ausstellung in das Kunsten Museum of Modern Art in Aalborg, das Museum Folkwang in Essen, die Zacheta - National Gallery of Art in Warschau und die Nationalgalerie in Prag. Im Herbst 2016 sind zudem drei Galerieausstellungen in Planung, bei Hauser Wirth & Schimmel in Los Angeles, Petzel in New York und Ulysses in Wien.

Der neue, biennal vergebene Maria Lassnig Preis wird für Künstler in der Mitte ihrer Karriere ausgelobt, denen nach Ansicht der Jury noch zu wenig Aufmerksamkeit zuteilwurde: "In der Zeit, in der ihr Werk wirklich abgehoben hat, hat auch Maria Lassnig lange um Anerkennung gekämpft. Das hat sich erst geändert, als sie schon über 60 war", sagt Pakesch. Der Preis solle helfen, in solchen Situationen korrigierend einzugreifen. In der Jury sollen seitens der Stiftung Matthias Mühling, Hans Ulrich Obrist und Pakesch vertreten sein. Eine jeweils kooperierende Institution, die eine Ausstellung des Preisträgers ausrichtet, stellt ebenfalls Jury-Mitglieder. "Für die erste Auslobung des Preises laufen derzeit Gespräche mit einem bedeutenden internationalen Ausstellungshaus", heißt es in einer Pressemitteilung.

Erst vor wenigen Tagen wurde die Benennung einer Straße in Wien-Favoriten nahe dem Hauptbahnhof nach Maria Lassnig beschlossen. Und auch zwei Büchern wurde Aufmerksamkeit zuteil: Der Fotograf Sepp Dreissinger legte ein wunderbares Gesprächs- und Fotobuch über die Künstlerin vor. Und in einer Studie über "Die Akademie der bildenden Künste im Nationalsozialismus" war zu lesen, dass Maria Lassnig an der Akademie, wo sie bis 1944 studierte, mit Stipendien und Preisen gewürdigt und mit ihrer Arbeit keineswegs als "entartet" eingestuft wurde. "Sie hat das selber nie behauptet. Es war ein Missverständnis", sagt Pakesch. "Sie hat die Klasse gewechselt, von einem dogmatischeren Professor zu einem offeneren. Aber ihre eigenständige künstlerische Entwicklung hat erst in der Nachkriegszeit begonnen."