Nach seinem umstrittenen Schmähgedicht über den türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan steht der deutsche TV-Moderator Jan Böhmermann (ZDF) unter Polizeischutz. "Vorsorglich steht ein Streifenwagen vor dem Haus", sagte ein Sprecher der Polizei in Böhmermanns Wohnort Köln am Dienstag. Die Polizei beobachte die Lage fortlaufend und stehe mit anderen Sicherheitsbehörden in Kontakt.

Nicht selbst um Schutz gebeten

Nach Informationen von "Focus Online" sehen Ermittler Böhmermann und seine Familie akut durch Anhänger Erdogans in Deutschland gefährdet. Der Moderator befinde sich derzeit nicht in Köln, schrieb das Online-Portal unter Berufung auf Polizeikreise. Er habe nicht selbst um besonderen Schutz gebeten.

Böhmermann hatte Erdogan vor knapp zwei Wochen in einem Gedicht, das er als "Schmähkritik" angekündigt hatte, mit Worten unter der Gürtellinie angegriffen. Die Bundesregierung prüft derzeit ein Ersuchen der türkischen Regierung, den Moderator wegen Beleidigung eines ausländischen Staatsoberhaupts strafrechtlich zur Verantwortung zu ziehen.

Am Montag stellte Erdogan daneben auch persönlich Strafanzeige gegen Böhmermann wegen Beleidigung. Dieser Rechtsweg kann unabhängig von der Entscheidung der Bundesregierung beschritten werden. Mit dem Fall ist die Staatsanwaltschaft Mainz befasst. Am Dienstag sagte Böhmermann seine nächste, für Donnerstag geplante Sendung ab.

CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer zeigte sich bestürzt über die jüngste Eskalation im Fall Böhmermann. "Das Grundrecht der Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut. Die Auswirkungen der Diskussion zeigen sich in der Absage der Sendung und im Personenschutz für Jan Böhmermann - dass dies notwendig geworden ist, ist in einer freien Gesellschaft unerträglich", sagte Scheuer der "Welt".

Der Fall zeige, dass Erdogan nicht nur Presse- und Meinungsfreiheit in der Türkei mit Füßen trete, sondern auch Europa seine Vorstellungen aufzwingen wolle. Scheuer fühlte sich in seiner Meinung bestätigt, dass die Türkei nicht Vollmitglied der Europäischen Union sein könne: "Für die EU sollte bei der Eröffnung weiterer Beitrittskapitel dieses Beispiel ein klares Signal sein."

Anwalt will bis zur letzten Instanz gehen

Hubertus von Sprenger, der deutsche Anwalt des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, ist bereit, mit seinem Mandanten gegen den TV-Satiriker Jan Böhmermann (35) alle Rechtsmittel auszuschöpfen - bis zur letzten Instanz. "Wenn ich das Mandat annehme, ziehe ich das auch durch", sagte von Sprenger im Interview mit "heute journal"-Moderator Claus Kleber am Dienstagabend im ZDF.

"Der Präsident verspricht die Bestrafung des Betroffenen und verspricht sich auch, dass der in Zukunft das nicht wiederholt, was er gesagt hat, auf zivilrechtlicher Ebene", sagte von Sprenger weiter. Böhmermann hatte vorletzte Woche in seiner Sendung "Neo Magazin Royale" ein Gedicht über Erdogan mit einigen Begrifflichen unter der Gürtellinie vorgetragen, aber angemerkt, dass das in dieser Form auch in Deutschland nicht erlaubt sei

Erdogan hatte darauf Anzeige gegen Böhmermann erstattet. Von Sprenger sagte zu dem zivilrechtlichen Schritt Erdogans, dass der Moderator eine Strafe bekommen solle, "die erforderlich ist, ihn auf den rechten Weg zurückzubringen, Satire zu machen und nicht mehr plumpe Beleidigungen". Die Bundesregierung prüft derzeit parallel, ob sie die Staatsanwaltschaft ermächtigen soll, den ZDF-Satiriker wegen Beleidigung eines Staatsoberhaupts zu verfolgen.