84 Tage lang war der syrisch-katholische Priester Jacques Mourad wegen seines Engagements für den christlich-muslimischen Dialog in der IS-Hochburg Rakka als Geisel festgehalten und gefoltert worden. Ein Muslim und ein Christ verhalfen dem Priester zur Flucht aus dem Land. Im Moment hält sich Jacques Mourad an einem geheimen Ort auf und bereitet sich – wie "FeierAbend" um 20 Uhr in ORF 2 berichtet – darauf vor, wieder zurück ins Land zu reisen, um sich dort – aus dem Untergrund – weiter dem friedvollen Zusammenleben der verschiedenen Religionen zu kümmern.
Wenn sich der syrische Pater Jacques Mourad auf den Weg in das nahegelegene Krankenhaus macht, ist es jedes Mal ein qualvoller Gang. Nur wenige Meter kann er am Stück zurücklegen, dann muss er, nach Luft ringend, minutenlang innehalten. Pater Jacques ist noch keine 50 Jahre alt, doch sein Körper ist verbraucht. Krieg, Geiselnahme, Folter haben seine Seele schwer gezeichnet. Und dennoch hadert er nicht mit seinem Schicksal. Vielmehr als das eigene Leid hat er tagtäglich die Bilder aus seinem Heimatland Syrien im Kopf; die Zerstörung, das Leid und den allgegenwärtigen Tod: "Es ist eine der schlimmsten Erfahrungen, wenn man das Leiden anderer sieht. Da vergisst man die eigene Not. Wenn wir leiden, wenn wir sehen, wie ein geliebter Mensch Trauer oder Schmerz empfindet, wie soll es Gott dabei ergehen?"
Im Mai 2015 von Dschihadisten aus dem syrischen Kloster Mar Elian verschleppt, verbrachte Pater Jacques Mourad 84 Tage in einem Verließ in der IS-Hochburg Rakka. Ständigen Todesdrohungen und Scheinexekutionen ausgesetzt, sollte er nicht freiwillig zum Islam konvertieren. Er überlebte die psychische Folter nur durch seinen christlichen Glauben und die Hinwendung zum Gebet. Mehrfaches Auspeitschen und noch schlimmere physische Misshandlungen haben jedoch auch an seinem Körper grausame Spuren hinterlassen.
Dass ihn seine Peiniger nicht töteten, verdanke er einzig dem Umstand, so Pater Jacques, dass er sich mehr als 15 Jahre lang intensiv für den interreligiösen Dialog eingesetzt habe und sich in dem andauernden syrischen Bürgerkrieg nicht nur um seine christliche Gemeinde, sondern gleichermaßen um muslimische Flüchtlinge kümmerte – denn, dass interreligiöser Dialog für Pater Jacques nicht nur hehre Worte, sondern gelebte Nächstenliebe ist, beweist der Umstand, dass es ausgerechnet ein Muslim war, der ihm zur Flucht aus dem Land verhalf. Seelisch gezeichnet und gesundheitlich angeschlagen, wird der Priester derzeit an einem verborgenen Ort medizinisch betreut. In einer leerstehenden Kirche untergebracht, hält er via Telefon und Internet Kontakt zu seiner Gemeinde, von denen nunmehr viele als Flüchtlinge in aller Welt verstreut leben.
Neues Leben wird das Alte
Doch mit der eigenen Flucht ist seine Mission längst nicht beendet. Im Schutz der Abgeschiedenheit macht er bereits Pläne für die Zeit nach seiner Rekonvaleszenz. Sein neues Leben wird weitestgehend sein altes sein. Er wird sich auch weiterhin um all jene kümmern, die zwischen dem Terrorregime des Herrschaftsapparats und der Versklavung durch radikale Dschihadisten aufgerieben werden.