"Von Mäusen und Menschen" erzählte John Steinbeck in seinem 1937 erschienenen bekannten Roman. Von Katzen und Mädchen erzählen die Bilder von Balthasar Klossowski de Rola (1908-2001), der sich Balthus nannte, im Hauptteil einer Ausstellung des Bank Austria Kunstforums Wien. Die erste umfassende Retrospektive des nicht unumstrittenen Malers in Österreich wird am Dienstagabend eröffnet.

Die Schau, die bereits in Rom zu sehen war, sei "eine Ausstellung, die wir uns lange gewünscht haben", sagte Kunstforums-Chefin Ingried Brugger, die 2001 eine große Balthus-Retrospektive im Palazzo Grassi in Venedig begeistert hatte, und versuchte die Frage "Warum mögen wir Balthus so sehr?" zu beantworten: "Er ist, damals wie heute, ein Mysterium. Er ist ein Künstler, der sich nicht schubladisieren lässt, der seinen eigenen Weg gegangen ist zwischen unglaublicher Erotik und intellektuellem Konzeptualismus." Er habe sämtliche klassische Genres von Porträt und Landschaft bis zu Stillleben und Akt bedient, aber: "Es geht um ein Geheimnis. Dieses Geheimnis sieht man."

Tatsächlich beschleicht den Ausstellungs-Besucher schon bald das Gefühl, Einblick in eine sehr fremde, geheimnisvolle Welt zu erhalten, die schwer zu enträtseln ist. Der in Paris in eine Künstlerfamilie Geborene wurde früh von Rainer Maria Rilke gefördert, der etwa eine Serie von Holzschnitten des Elfjährigen als Katzen-Bildergeschichte "Mitsou" mit einem Vorwort versah und als Buch herausgab. Katzen begegnen einem auf den Bildern von Balthus immer wieder, der sich etwa selbst als "Katzenkönig" oder "Katze des Mittelmeers", einem ausdrucksstarken Bild zwischen Symbolismus und Surrealismus, porträtierte.

Straßenszenen wirken gespenstisch, Porträts leblos und erstarrt, Arrangements albtraumhaft. Die Bilder scheinen nicht kommunizieren, sondern ihr Geheimnis bewahren zu wollen, so wie die jungen Mädchen auf jenen Akten, die Balthus einen zweifelhaften Ruf eingetragen haben, sich dem Betrachter nicht anbieten, sondern in einer träumerischen Weltverlorenheit gemalt sind. Sie drücken jene von angst- und sehnsuchtsvoller Ungewissheit geprägte Zwischenstufe zwischen Kindheit und Erwachsensein aus, die den Maler möglicherweise an seinen Modellen besonders fasziniert hat.

Es ist die Art des Umgangs mit diesem Grenzbereich, der Unbehagen auslöst, nicht die Explizitheit des Dargestellten. "Klimt-Zeichnungen sind viel direkter", meinte Brugger bei der heutigen Pressekonferenz und rechtfertigte, dass jene umstrittenen, von Balthus im hohen Alter aufgenommenen Farb-Polaroids eines halb entblößten jungen Mädchens, die etwa vor zwei Jahren zur Absage einer Ausstellung geführt hatten, am Ende der von Cecile Debray, Matteo Lafranconi und Evelyn Benesch kuratierten Schau gezeigt werden. "Ich glaube, diese Polaroids sind erhellend und gehören zum Gesamtwerk." So wie die wenig spektakulären Landschaften, Bühnen- und Kostümentwürfe, die ebenfalls gezeigt werden.

Im Kunstforum beweist man jedenfalls Gelassenheit im Umgang mit der umstrittenen Thematik. Im Rahmenprogramm der bis 19. Juni laufenden Ausstellung werden neben Themenabenden "für KatzenfreundInnen" auch eigene Abende für Kinder zwischen fünf und elf Jahren angeboten. Motto: "Licht aus, Taschenlampe an!"