Publikumsliebling Lang Lang kommt rechtzeitig zu Weihnachten mit einer neuen Einspielung auf den Markt. "Lang Lang in Paris" lautet der Titel der CD mit Stücken von Chopin und Tschaikowsky, die vom Konzertmitschnitt "Lang Lang live in Versailles" ergänzt wird. In Wien gab der chinesische Pianist aus Anlass des Allianz Junior Music Camps eine Meisterklasse mit Jugendlichen im Musikverein.

Die APA sprach mit dem Starpianisten aus gegebenem Anlass darüber, weshalb er nach den Anschlägen von Paris seine Frankreich-Konzerte nicht abgesagt hat, über eigene Kompositionspläne und darüber, weshalb es noch kein Bach-Album von ihm gibt.

Sie wurden am vergangenen Freitag zum ersten Botschafter von Versailles ernannt. Was ist Ihre Aufgabe?
Lang Lang: Sie möchten, dass ich weltweit Werbung für Versailles mache - obwohl es das ja eigentlich nicht nötig hat. Es ist sicher keine unbekannte Schönheit. Aber es ist natürlich eine sehr ehrenvolle Aufgabe. Wir haben die aktuelle Aufnahme ja im Spiegelsaal von Versailles gemacht und werden nun auch 2016 und 2017 kulturelle Veranstaltungen im Schloss organisieren. Ich werde viele meiner Freunde einladen, dort zu spielen.

Wer hatte die Idee zum Livekonzert in Versailles?
Lang: Die hatte ich, weil ich den Spiegelsaal liebe. Das ist eines der schönsten Kunstwerke überhaupt. In Schönbrunn habe ich ja auch schon gespielt, aber das war draußen. Und da war im Vergleich der Spiegelsaal ein intimer Ort. Jetzt hatte ich also beides (lacht). Und die Akustik ist in Versailles überhaupt nicht trocken, sondern direkt überwältigend. Manche haben mir gesagt, es gebe dort ein Echo, was ich aber nicht gehört habe, da das Klavier in der Mitte des Raumes stand und nicht an der einen Seite des Saales.

Angesichts dieser Verbindung: Haben Sie nach den Anschlägen von Paris daran gedacht, wie viele Popkollegen, Auftritte in Frankreich abzusagen?
Lang: Nachdem ich von den Anschlägen gehört habe, waren wir alle natürlich erst einmal geschockt. Aber das Leben muss weitergehen. Das Beste ist, die Musik zu den Menschen zu bringen. Ich habe deshalb sofort entschieden, keine Konzerte in Frankreich abzusagen - und ich hatte bereits am Montag nach den Anschlägen meinen ersten Auftritt in Marseilles, tags darauf in Bordeaux und danach Verpflichtungen in Paris. Wir waren sechs Tage in Frankreich, was für mich sehr bewegend war. Das war ähnlich wie im Jänner nach den Anschlägen auf "Charlie Hebdo", als ich drei Tage später bei der Eröffnung der Philharmonie gespielt habe. Die Menschen brauchen gerade jetzt Musik. Wir müssen ihre Herzen heilen. Musik verbindet, und wir können sie da nicht hängen lassen. So lange die Zuschauer noch kommen, kommen wir.

Für Ihre neue Platte haben Sie Scherzi von Chopin und "Die Jahreszeiten" von Tschaikowsky eingespielt. Sehen Sie da Parallelen oder ist das eher Kontrastprogramm?
Lang: Die Verbindungen zwischen Chopin und Paris sind natürlich offensichtlicher, da er nach Paris ging und dort Teil der Goldenen Ära der Salonklaviermusik wurde. Das war wahrscheinlich die wichtigste Zeit für das Piano - und ich war leider nicht dabei. Tschaikowsky wiederum war gleichsam der Pionier der russischen Musik, der dort die melancholische Leidenschaft eingeführt hat. Sie sind also beide die Speerspitze der Romantik.

Eine Aufnahme von Bach gibt es von Ihnen aber nach wie vor nicht. Was haben Sie gegen ihn?
Lang: In Konzerten spiele ich ihn. Und es wird sicher eine Aufnahme kommen, denn ich liebe Bach. Aber ich bin noch unsicher, ob ich erst ein Bach-Album mache, oder gleich die "Goldberg-Variationen". Wenn man etwas macht, muss das eine Bedeutung haben - nicht spektakulär sein.

Welche Bedeutung hat die Aufnahme Ihrer Auftritte für Sie als Künstler?
Lang: Als Performer sind wir leider keine Komponisten. Ich hoffe, dass ich in der Zukunft etwas schreiben kann. Ich schreibe manchmal etwas und improvisiere. Ich habe ein gewisses Talent - aber noch nicht auf dem Niveau, wie ich es mir wünsche. Eines Tages möchte ich ein Klavierkonzert schreiben. Da ich damit derzeit aber noch nicht beschäftigt bin, muss ich jedes Jahr eine Platte aufnehmen. Wenn man etwas einstudiert hat, möchte man das auch zeigen, nicht nur im Konzert.

Ein Leben ausschließlich im Studio wie Glenn Gould können Sie sich aber nicht vorstellen?
Lang: Auf keinen Fall. Auch wenn ich ihn als Künstler sehr liebe, muss ich derzeit auf der Bühne leben! Das ist wie ein Bissen Brot für mich!

(Das Gespräch führte Martin Fichter-Wöß/APA)