Schon als Jugendlicher begeisterte David Lama die Kletterszene, mit 19 Jahren setzte sich der Innsbrucker ein großes Ziel: Er will als erster Mensch die in Klettererkreisen legendäre „Kompressorroute“ am Cerro Torre, einem der schwierigsten Berge der Welt, frei klettern. Begleitet wurden er und sein Kletterpartner Peter Ortner bei ihrem Mammutprojekt von einem Kamerateam.

Die Doku „Cerro Torre – Nicht der Hauch einer Chance“ lockte im Vorjahr fast 60.000 Alpinbegeisterte in die heimischen Kinos. Servus TV bringt heute den ersten Teil der Doku erstmals ins Fernsehen, der zweite Teil folgt am 2. Oktober.

Hat sich durch Ihre Begehung etwas am Mythos Cerro Torre geändert?
DAVID LAMA: Nein, der Berg wird immer seinen Mythos behalten. Man muss sich den Berg nur einmal anschauen, wie er aus den Wolken herauskommt – wenn er denn einmal herauskommt. Der Berg hat eine enorme Anziehung auf alle Alpinisten und diese ist durch meine Begehung nicht geschmälert worden.

Unter Bergsteigern gilt der Cerro Torre als einer schwierigsten Gipfel der Welt
Unter Bergsteigern gilt der Cerro Torre als einer schwierigsten Gipfel der Welt © Red Bull

Von Ihrer Route auf den Cerro Torre hieß es, es sei unmöglich, sie frei zu klettern. Was reizt Sie an der Unmöglichkeit?
LAMA: Ich bin nicht jemand, der bei jedem Projekt schaut: Ist es machbar oder ist es nicht machbar? Und ich gehe sicher eher Projekte an, wo ich mir da nicht ganz sicher sein kann. Das ist etwas, das mich und meine Pläne auszeichnet, dass ich Projekte in Angriff nehme, wo ich mich erst langsam hintasten muss. Mich hinzuarbeiten, bis die freie Begehung gelingt.

Muss heute jedes Kletterereignis medial begleitet werden?
LAMA: Den Eindruck habe ich eigentlich nicht, weil zum Bergsteigen allein brauche ich keine Kamera. Wenn ich aber vom Bergsteigen leben will, dann ist das grundsätzlich nichts Schlechtes. Ich wollte immer das Klettern zu meinem Lebensmittelpunkt, meinem Lebensinhalt machen, und da gehört eben auch dazu, dass man seine Sachen dokumentiert.

Wie geht es mit Ihrem Masherbrum-Projekt in Pakistan weiter? Einmal mussten Sie bereits unverrichteter Dinge umkehren.
LAMA: Ich möchte auf jeden Fall wieder zurück, um den Berg zu versuchen. Er ist das Anspruchsvollste, was ich mir derzeit bergsteigerisch vorstellen kann. Von dem her ist das natürlich der große Traum – und ich bin keiner, der seine Träume einfach so verwirft, weil es schwierig ist.

Sucht die Grenzerfahrung: David Lama.
Sucht die Grenzerfahrung: David Lama. © Red Bull

Was planen Sie in den nächsten Monaten?
LAMA: Es sind die kleineren Projekte, die jetzt im Oktober bis in den Dezember in Nepal anstehen. Ich bin zuerst mit meinen Eltern drüben – mein Papa ist ja aus Nepal – da bin ich schon sehr gespannt auf die Verwandten, das Land und wie es sich nach dem Erdbeben entwickelt hat. Es ist das erste Mal seit 15 Jahren, dass ich wieder nach Nepal komme.

Sie werden aber auch klettern?
LAMA: Ich fahre natürlich auch zum Bergsteigen hinüber. Ich habe vor den höchsten unbestiegenen Berg Nepals zu schaffen, den Lunag Ri. Das ist wirklich ein lässiger Berg mit einer Wand, die ist ebenso hoch wie die Wand vom Cerro Torre. Das sind jetzt Projekte, die mich an den Masherbrum annähern sollen. Dieser Berg ist also schon noch immer im Hinterkopf, konkreten Zeitplan habe ich aber derzeit noch keinen.

David Lama besticht durch Athletik und mentale Stärke
David Lama besticht durch Athletik und mentale Stärke © Red Bull

Eine andere Frage: Findet man Sie auch noch in gewöhnlichen Sportkletterhallen?
LAMA: Doch, immer wieder einmal. Sicher nicht so oft wie in Wettkampfzeiten, wo ich sieben Mal in der Woche in der Halle war.

Wie viele Tage im Jahr sind Sie eigentlich zuhause in Götzens?
LAMA: Gerade während meiner größeren Expeditionen kann es schon sein, dass ich ein halbes Jahr nicht in Götzens bin. Natürlich bin ich viel unterwegs, aber ich habe es ganz gerne daheim und würde auch sagen, Götzens ist mein Daheim – aber ich habe eben keinen Büroalltag.

INTERVIEW: DANIEL HADLER