Für die Bühne hat Peer Boysen eine einfache, aber wirkungsvolle Lösung gefunden: Fünf Podeste hinter dem Orchester deuten fünf verschiedene Zimmer an, die mit Sitzmöbel aus unterschiedlichen Epochen ausgestattet sind. Die Figuren bewegen sich zwischen diesen abgegrenzten Bereichen hin und her, nutzen auch den Raum vor den Musikern. Bunt zusammengewürfelt und mit viel Ironie sind auch die Kostüme: Figaro erscheint in einem harlekinartigen Wams, während der Graf mit einem übertriebenen Federhut und höfischen Gesten an den gestiefelten Kater erinnert. Rosina trägt eine strenge Uniformjacke mit Krawatte und gleicht trotz Rüschenrock eher einer preußischen Gouvernante als einem jungen Mädchen. Aber das hat schon seine Berechtigung, ist sie doch alles andere als ein unbedarftes Opfer.

Die Oper wurde in der Fassung der deutschen Erstaufführung von 1819 von Ignaz Kollmann mit gesprochenen Dialogen gespielt. Dabei wurde deutlich, dass es in diesem Fall nicht nur um das heitere Austricksen eines alternden Vormundes geht, sondern dass alle Beteiligten massiv und oft mit unterschiedlichen Mitteln ihre eigenen Interessen vertreten. Michael Hofstetter leitete das großteils gut disponierte styriarte-Festspielorchester wie mit einem ständigen Blick auf die Katastrophe, an der gerade noch vorbeigeschrammt wird.

Unter den bestens disponierten Sängern ragte ganz besonders Marie Friederike Schöder als strenge Rosina heraus, die mit glasklaren Koloraturen und durchschlagendem Spiel aufwarten konnte. Miljenko Turk war ein durchtriebener Figaro, mehr Gauner als sympathischer Gehilfe, der sich mit sicherer Stimme geschickt durch den vielen Text manövrierte. Mit hellem, geschmeidigen Tenor hat Daniel Johannsen den Grafen Almaviva fast schon als Karikatur angelegt, wodurch die Liebesgeschichte etwas auf der Strecke blieb. Josef Wagner stellte als Basilio seinen geschmeidigen Bass unter Beweis, während Stefan Sevenich eher auf Fülle als Finesse setzte. Bibiana Nwobilo gab eine dem Schnupftabak nicht abgeneigte, praktische Marcellina, Ludwig Mitterhammer (Fiorillo) fügte sich nahtlos in das Ensemble ein.