Die Inszenierung kreist immer wieder um den frühen Tod von Adolf Hitlers Eltern - und wirft die Frage auf, ob eine Pubertät zwischen diesen beiden menschlichen Verlusten etwas von dem zu erklären vermag, was später geschah. "Mich interessiert die individualpsychologische Fragestellung: Wie wird man so?", sagt der 39-jährige Sagor. Dabei glaube er nicht an Monokausalität. "Das Stück sagt: Das sind die Fakten und nicht: Daran liegt es." Es geht um Hitlers Scheu Frauen gegenüber, um seine Niederlagen in der Schule, seinen Vegetarismus und den Wunsch, Künstler zu werden. "Eigentlich ist es eine normale Pubertät."

Sagor bringt in dem Stück ab 15 Jahre vier Figuren auf die Bühne, alle geprägt von Einsamkeit, Frustration und Unsicherheit. An einem gewissen Punkt kippt die Stimmung - und sie steigern sich in gewalttätige bis faschistoide Fantasien hinein. Der Wunsch nach Macht erwacht und zeigt eine andere Seite von ihnen.

Da ist der Schüler, der von glänzenden Uniformen und von Gleichförmigkeit träumt. Der Lehrer, der sich ausmalt, seine Schüler für jeden Fehler sadistisch zu quälen. Die große Schwester, die sich überlegt, wie es wohl wäre, ihren Bruder im richtigen Winkel auf den Boden fallen zu lassen. "Du Hitler!" rufen die anderen der jeweiligen Person zu, die oft gar nicht schockiert, sondern eher mit einem geschmeichelten Lächeln darauf reagiert. Plötzlich hat jeder von ihnen ein Hitlerbärtchen und steht vor der Frage: "Und, wie fühlt es sich an, Hitler zu sein?"

Wer sich auf der Bühne mit Hitler oder der NS-Zeit beschäftige, müsse sich immer darüber im Klaren sein, dass es ein hochbelastetes Thema sei, sagt der Geschäftsführende Direktor des Deutschen Bühnenvereins, Rolf Bolwin. "Daher sollte man sich genau überlegen, was man macht. Da müssen dann Regisseur und Schauspieler den richtigen Ton treffen (...)." Sagor gelingt das mit seinem stellenweise sehr witzigen Stück. "Mir ging es schon darum, eine Humorlage zu schaffen, in der vieles möglich ist", sagt er.

"Du Hitler" schrieb der Regisseur als Auftragsarbeit für das Landestheater Linz. Provokationen gibt es darin einige, auch wenn Sagor über sich selbst sagt, dass ihn das gar nicht interessiere. "Hitler war doch auch nur eine Marke", lässt er eine Figur sagen. Oder: "Hitler war der erfolgreichste Psycho." Der Regisseur will zum Denken verführen - und hat damit Erfolg.