Man solle dem Rat des römischen Gelehrten Quintus Serenus Sammonicus folgen, um Unsterblichkeit zu erlangen – sich nämlich das Wort „Abrakadabra“ an die Brust heften, das auf Althebräisch bedeutet: „Nähre dein Feuer bis zuletzt“.

Das empfiehlt Eduardo Galeano in seinem letzten Buch „Kinder der Tage“ (2013), in dem der Schriftsteller in 365 kleinen, scharfsinnigen Geschichten zu 365 Kalendertagen von Einstein und dem FBI erzählt, von den Großen wie Caruso und von den kleinen Leuten in seiner Heimat.


Uli Partheil ist von Galeano angetan, seitdem ihm seine Frau einen Band mit dessen Kurzgeschichten schenkte. Wäre also kein Wunder, wenn der Ausnahmepianist aus Darmstadt den am Montag im Alter von 74 Jahren verstorbenen Mahner aus Uruguay im heutigen gamsbART-Konzert in Graz extra würdigte.


Partheil war schon immer ganz Ohr nicht nur bei seinen Idolen Duke Ellington, Thelonious Monk oder Art Tatum, sondern etwa auch bei Kurt Tucholsky, der gesagt hat: „Zivilisierte Menschen denken polyphon.“ Oder bei Sten Nadolny, der uns die wichtige „Entdeckung der Langsamkeit“ lehrt. Oder bei René Goscinny, der Dickschädeln mit Hinkelsteinen und lonesome cowboys wie Lucky Luke Sprechblasen in den Mund gelegt hat.


Der 46-Jährige liebt es aber auch, wenn der Blues schön erdig und mississippiblau ist. Wenn’s nach Kuba oder Südamerika geht. Und wenn er sogar Country & Western auf den Jazzprüfstand stellen kann. Weil ein Onkel im Elternhaus eine Heimorgel-Schule betrieb, sieht der Pianist nämlich die Welt quasi schon seit den Windeln in Schwarz und Weiß und treibt es seitdem sinnlich bunt. Vor allem in seinem Trio „Playtime“, das das lustvoll Spielerische schon im Titel führt. Vermutlich hält Partheil es auch da mit Eduardo Galeano: „Wir sind die Kinder der Tage / die Erforscher, / die Sucher des Lebens.“

MICHAEL TSCHIDA

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