Nur drei Tage, nachdem die beiden Spitzenkandidaten Ulrike Lunacek (Grüne) und Matthias Strolz (Neos) im Privatfernsehen miteinander diskutiert hatten, trafen sie gestern Abend im ORF erneut aufeinander. Die beiden gingen die Diskussion dieses Mal etwas weniger angriffig an und es zeigte sich erneut: Viel eint die beiden Parteien im Großen, doch im Kleinen beharren beide auf unterschiedliche Lösungsansätze.

Die Diskussion wurde mit dem aktuellen Gesprächsthema Nummer eins begonnen, der Causa Silberstein. Strolz übte massive Kritik an der SPÖ, aber angesichts der jüngsten Enthüllungen über ein mögliches "Schmiergeld"-Angebot aus der ÖVP auch an der Volkspartei. Lunacek ortete einen "Tiefpunkt im Wahlkämpfen". "Früher war man das von der FPÖ gewöhnt, heute kommt das aus der Mitte der Regierungsparteien", erklärte sie. Die im Raum stehenden Vorwürfe seien immens, weshalb es nach der Wahl notwendig sei, in Richtung eines Untersuchungsausschusses zu gehen. Auch hier gab es Einigkeit mit dem pinken Gegenüber, auch Strolz sprach sich für einen solchen Ausschuss aus.

Nächstes Stichwort: Wahlkampffinanzierung. Parteichef Stolz betonte erneut die Wichtigkeit von Transparenz. Seine Partei lege alle Ausgaben "bis zur letzten Klorolle" offen, die Grünen tun das nicht. Dafür nehmen die Neos zu viele Großspenden an, lautete der Gegenangriff von Lunacek. Sie wäre für eine Spendenobergrenze bei 10.000 Euro, Strolz zeigte sich hier gesprächsbereit.

Für Gleichstellung, aber gegen den jeweils anderen Vorschlag

Auch beim Thema Gleichstellung herrschte grundsätzliche Einigkeit. Beide Parteien sprachen sich für die Wichtigkeit von einem ausgeglichenen Männer/Frauen-Verhältnis in Parteien und Firmen aus. Den Weg dorthin wollten sie aber erneut unterschiedlich beschreiten. Die Grünen wollen die Klubförderung an ein ausgeglichenes Geschlechterverhältnis knüpfen. Außerdem brauche es die Frauenquote, "denn ohne geht es nicht", erklärte Lunacek. Die Neos wollen hingegen Anreize schaffen. Zum Beispiel könnten Unternehmen "Punkte für Förderungen sammeln", wenn sie ein ausgeglichenes Geschlechterverhältnis aufweisen können. Sollten diese nicht fruchten, könne man aber über eine Quote sprechen.

Auch dem unterschiedlichen Verdienst von Männern und Frauen sagten beide Gesprächspartner den Kampf an. Die Grünen wollen das mit einer Offenlegung der Gehälter erreichen, die Neos sind dagegen, dass das Gehalt "am schwarzen Brett ausgehängt wird". Einig war man sich hingegen, dass es Firmen Männern ermöglichen sollen, mehr Zeit mit ihren Kindern zu verbringen.

Größter Konflikt: das Mietrecht

Die größten Meinungsunterschiede gab es im Bereich Mietrecht. Lunacek forderte eine Mietzinsobergrenze von 7,50 Euro, um die "Kostenexplosion" einzudämmen. Strolz konnte damit wenig anfangen, "Sie sind hier ganz grob auf dem Holzweg", erklärte er. Strolz wolle sich auf die vielen leerstehenden Wohnungen konzentrieren. Damit auch in kurzen Abständen vermietet werden kann, forderte er die Möglichkeit einer Zwei-Jahresbefristung bei Mietverträgen, was von Luncaek mit einem klaren Nein quittiert wurde. 

Die auf beiden Seiten mit diversen Taferln illustrierte Diskussion ging mit der Frage nach möglichen Koalitionsvarianten zu Ende. Strolz sprach sich erneut für Schwarz-Grün-Neos aus, Lunacek zierte sich. Die ÖVP müsse dafür zuerst von ihrem "Kurz-Sobotka-Kurs" abkommen.