Mehr als eine Woche ist es her, dass schwer bewaffnete Beamte das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) sowie Privatwohnungen von Mitarbeitern stürmten. Die von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) geleitete Hausdurchsuchung sorgt seit Tagen für Kritik und wurde medial sogar als „Staatsaffäre“ bezeichnet. BVT-Chef Peter Gridling steht vor der Demontage.

BVT-Affäre: Hausdurchsuchungen wegen nicht gelöschter Daten

Was ist passiert? Die WKStA hat ein Ermittlungsverfahren gegen Mitarbeiter des BVT eingeleitet, es steht der Verdacht des Amtsmissbrauchs (Weitergabe in Österreich hergestellter nordkoreanischer Pässe an Südkoreas Geheimdienste) und einer verbotenen Sicherung von Daten im Raum. Ende Februar stürmten deshalb Beamte der Einsatzgruppe zur Bekämpfung der Straßenkriminalität die Räumlichkeiten. Drei BVT-Mitarbeiter wurden suspendiert.

Extremismus-Daten kopiert?

Doch Zeitungsberichte von „Profil“ und „Standard“ machten die Sache brisant: Bei der Durchsuchung soll auch ein Datenträger beschlagnahmt worden sein, der nichts mit dem Fall zu tun hat - jener von Sibylle Geißler, der Leiterin des Extremismusreferats. Laut den Medien soll die auf ihrem Rechner befindliche Extremismusdatenbank - die auch Einträge über Burschenschaften und Identitäre beinhaltet - ebenfalls beschlagnahmt worden sein. Deshalb sei ausgerechnet die von einem FPÖ-Gewerkschafter geleitete Sondereinsatztruppe für die Durchsuchung eingesetzt worden - im Interesse des FPÖ-geführten Innenministeriums, so der schwerwiegende Vorwurf. Zudem sei das Justizministerium über die Aktion im Dunkeln gelassen worden.

Die politische Aufregung über die Causa ist groß. Die SPÖ kündigte eine Sondersitzung im Nationalrat an, die Neos beriefen den Nationalen Sicherheitsrat ein. Sogar ein U-Ausschuss steht nun im Raum. Auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen fand deutliche Worte, die Causa sei „höchst ungewöhnlich und irritierend“ und müsse „rasch und vollständig“ aufgeklärt werden.

Gestern meldete sich der Generalsekretär des Justizministeriums, Christian Pilnacek, zu Wort - und war bemüht, den Vorwürfen zu widersprechen. Bei der Durchsuchung seien keine Extremismus-Daten, sondern 19,1 Gigabyte an privaten Ordnern beschlagnahmt worden. Denn Geißler stehe in einem Naheverhältnis zu einem Verdächtigen. Allerdings könne Pilnacek nicht ausschließen, dass sich in den Ordnern auch Fallakten befinden könnten. Die Beschlagnahme sei zudem nicht von den Beamten, sondern von IT-Experten der WKStA durchgeführt worden - im Beisein einer Staatsanwältin. Die Dateien befinden sich aktuell in „einem besonders gesicherten Raum der WKStA“, das Innenministerium habe keinen Zugriff. Dass die umstrittene Einheit zum Einsatz kam, begründete Pilnacek damit, „dass Polizeikräfte tätig werden, die in keinster Weise in den Verdachtsfall involviert sind“.

Bericht soll Klarheit bringen

Warum sein Ministerium nicht über die Untersuchung informiert wurde? In einer Verordnung sei 2016 festgelegt worden, dass die WKStA das Ministerium nur in Ausnahmefällen informieren muss. Pilnacek bestätigte damit die Dementis des Generalsekretärs im Innenministerium, Peter Goldgruber. Wie es in der Causa nun weitergeht, ist unklar. Fest steht, dass die Wirtschafts- und Korruptionsstaatswaltalt einen Bericht über den umstrittenen Einsatz vorlegen muss. Justizminister Josef Moser (ÖVP) kündigte diesen für Anfang nächster Woche an. Am 20. März wird sich zudem das Parlament mit der Causa beschäftigen, dann tagt der ständige Unterausschuss des Innenausschusses zur Kontrolle der Nachrichtendienste. Für BVT-Chef Gridling wird es indes eng. Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) hat angekündigt, dessen auslaufenden Vertrag „nicht ohne Weiteres“ zu verlängern. Eine Entscheidung steht nächste Woche bevor.