Das Justizministerium will das Arbeitsplatzangebot in Österreichs Gefängnissen ausbauen. Ziel sei mehr Arbeit und mehr sinnvolle Beschäftigung für Häftlinge, erklärte Justizminister Wolfgang Brandstetter in den "Salzburger Nachrichten". Brandstetter will auch bald eine Online-Verkaufsinitiative präsentieren. "Da sollen die Produkte, die in der Haft produziert werden, auch online verkauft werden."
Dem Thema Arbeit im Gefängnis widmet sich auch das Monatsmagazin "Datum" in seiner am Freitag erscheinenden Ausgabe. Häftlinge kritisieren darin "Ausbeutung durch Häftlingsarbeit". Gut tausend österreichische Firmen lassen laut "Datum" zu Billiglöhnen wie in Polen im Gefängnis produzieren, der Staat verdient daran Millionen. Gefängnisinsassen sind laut Strafvollzugsgesetz zur Arbeit verpflichtet, wenn sie dazu psychisch und körperlich in der Lage sind. 80 Prozent der Gefängnisinsassen kommen dieser Pflicht auch nach.
Insgesamt haben sie im Vorjahr 6,83 Millionen Stunden Arbeitsleistung erbracht, berichtet "Datum" unter Berufung auf das Justizministerium. Zu den Tätigkeiten gehören Reinigungs- und Instandhaltungsarbeiten in den Haftanstalten selbst, zum anderen werden die Arbeitsdienste der Häftlinge auch extern angeboten. Die Justizanstalt Leoben wirbt auf ihrer Internet-Seite etwa mit flexiblem Arbeitseinsatz und geringen Lohnkosten, die Justizanstalt Suben preist Gefangenenarbeit als "Alternative zu einer Produktionsverlagerung in das Ausland" an.
Ein Viertel der geleisteten Arbeitsstunden wird für die Privatwirtschaft verrichtet. Da werden Farbstifte sortiert, Bierverschlüsse produziert, Postwurfsendungen kuvertiert, Kleiderhaken sortiert oder Selbstbedienungsständer für Gratiszeitungen repariert. Unternehmen wie die Handelskette Spar, die Brau Union, Wein & Co, die Modeketten C&A sowie Vögele, die Snowboardmarke Burton, die Donauuniversität Krems oder lokale Gemeindebüros von SPÖ, ÖVP und FPÖ gehören laut "Datum" zu den Leistungsabnehmern.
9,70 Euro pro Stunde zahlt ein externes Unternehmen demnach pro Arbeitskraft. Davon behält der Bund 75 Prozent als Vollzugskostenbeitrag, mit dem ein Teil der jährlichen Vollzugskosten von derzeit rund 440 Millionen Euro gedeckt wird. 31 Millionen hat der Bund 2015 an der Gefangenenarbeit für externe Auftraggeber verdient.
Viele der von "Datum" kontaktierten Häftlinge verdienten unterdessen nur zwischen 1,40 und 1,90 Euro. Das sei zu wenig, um sich nach dem Gefängnis eine eigene Wohnung organisieren zu können. Anspruch auf Krankenstand oder Pensionsversicherung gebe es nicht, den Gefangenen drohe deshalb später einmal Altersarmut. "Wir wollen eine Entlohnung, die der geleisteten Arbeit entspricht", fordert einer der befragten Häftlinge. "Haftanstalten wandeln sich immer mehr zu einem gewinnorientierten Unternehmen und Niedriglohnsektor", kritisiert der ehemalige Gefangene Oliver Rast, der für eine eigene Häftlingsgewerkschaft lobbyiert.
Im Justizministerium weist man auf die bestehenden gesetzlichen Bestimmungen hin. Gefangenenarbeit sei darüber hinaus eine Grundvoraussetzung zur Resozialisierung und tägliche Beschäftigung der wichtigste Beitrag für den späteren Einstieg in ein geordnetes Arbeitsleben.