Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) hat am Montag die Kriminalstatistik 2016 präsentiert. So stieg die Zahl der Anzeigen um 3,8 Prozent auf insgesamt 537.792. Im langfristigen Vergleich sind die Anzeigen jedoch seit 2010 konstant. In den Jahren davor gab es immer deutlich über 570.000 Anzeigen. Insgesamt ist Österreich "trotz den Zahlen eines der sichersten Länder Europas", konstatierte Sobotka.
Jeden Tag wurden österreichweit 1.469 Anzeigen erstattet. Im Vorjahr etwa gab es in den Bereichen Cybercrime und Wirtschaftskriminalität große Zunahmen, dagegen verzeichnete die Statistik bei Kfz-Diebstählen und Einbrüchen Rückgänge. Ein Plus gab es auch bei Gewaltdelikten. Das sind laut Angaben des Innenministeriums jene "Big Five"-Kriminalitätsfeldern, die den größten Einfluss auf das Sicherheitsempfinden der Bevölkerung haben. Die Aufklärungsquote stieg auf 45,9 Prozent.
"Intrakulturelle Auseinandersetzungen"
Die Gewaltkriminalität nahm von 40.333 auf 43.098 angezeigte Fälle im Jahr 2016 zu. Zurückzuführen sei die Zunahme auf "jene Migranten, die in den letzten 24 Monaten zu uns gekommen sind", sagte Franz Lang, Direktor des Bundeskriminalamtes. Hauptverantwortlich für die Steigerung seien Anzeigen wegen leichter Körperverletzung, diese stiegen von 34.358 auf 36.426, erläuterte Lang.
Dabei handle es sich primär um intrakulturelle Auseinandersetzungen, oftmals "Raufereien und Schlägereien mit Stichwaffen", sagte Lang. 75 Prozent der Straftaten werden quasi in der eigenen Schicksalsgemeinschaft verübt, konkretisierte der BK-Direktor. Das zeigt sich auch bei den registrierten Opfern. Bei jenen Taten, die von Asylwerbern verübt wurden, ermittelten die Beamten 4.495 fremde Staatsangehörige als Opfer, darunter waren 3.653 selbst Asylwerber. 1.626 registrierte Opfer waren österreichische Staatsbürger.
Insgesamt wurden im Vorjahr 270.160 Tatverdächtige von der Polizei ermittelt. 60,9 Prozent bzw. 164.609 waren Österreicher, 39,1 Prozent Fremde. Und davon waren 22.289 Asylwerber. Unterm Strich sind damit 8,6 Prozent der registrierten Beschuldigten Asylwerber. Sie begingen großteils Diebstähle, eben gefolgt von Körperverletzung und Verstöße gegen das Suchtmittelgesetz. Asylwerber als Tatverdächtige sind laut Lang jene Personen, "die keine Perspektive im Asylverfahren haben und eigentlich das Land verlassen sollten".
Insgesamt führende Nationalität der ermittelten ausländischen Straftäter waren 11.021 Rumänen, gefolgt von 9.724 Deutschen und 9.557 Serben. Afghanen - führende Nationalität bei tatverdächtigen Asylwerbern - landen im Top-Ten-Ranking mit 5.973 Beschuldigten auf Platz fünf.
Sobotka sprach in der Pressekonferenz von "sexuellen Übergriffe, die explodiert sind in diesem abgelaufenem Jahr". Lang verwies darauf, dass der entsprechende Tatbestand neu formuliert wurde, weshalb es dadurch mehr Anzeigen gab. So ist seit 1. Jänner 2016 auch "körperliche Belästigungen im Bereich der sexuellen Sphäre" - Stichwort "Po-Grapschen - strafbar. Anzeigen wegen sexueller Belästigung sind damit von 1.228 im Jahr 2015 auf 1.918 im Vorjahr gestiegen. Außerdem gebe es einen "Zusammenhang mit dem Zuzug von Fremden", so Lang.
Einen Anstieg verzeichneten auch Delikte gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung. Wurden 2015 noch 2.376 Fälle angezeigt, waren es im Vorjahr um 15 Prozent mehr - exakt 2.732 Anzeigen. Doch auch darin ist ein neu geschaffener Tatbestand - der Paragraph 205a ("Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung") enthalten, der ebenfalls mit der Strafgesetzbuch-Reform mit 1. Jänner 2016 eingeführt wurde.
"Nicht signifikant sind schwere Taten wie zum Beispiel Vergewaltigung gestiegen", sagte Lang. So wurden 2016 österreichweit 899 Vergewaltigungen zur Anzeige gebracht. 2015 waren es 826 gewesen - und damit der niedrigste Wert seit 2010.
Gestiegen ist im Vorjahr die Zahl der vollendeten Tötungsdelikte. 46 Morde wurden angezeigt, 2015 waren es 39. Prinzipiell sind "Gewaltdelikte nach wie vor Delikte in Beziehungen oder einem Bekanntschaftsverhältnis", betonte Lang. Insgesamt gab es bei 63,3 Prozent der Taten eine Beziehung zwischen Täter und Opfer.
Die weiteren "Big Five"-Bereiche im Detail: Fast um ein Drittel stiegen Cybercrime-Delikte, von 10.010 auf 13.103 Anzeigen im Vorjahr. Dieser Bereich ist laut Innenministerium nach wie vor die Herausforderung Nummer eins. Eine Zunahme von 10,9 Prozent gab es bei Wirtschaftskriminalität. Diese ist hauptsächlich auf Internetbetrug zurückzuführen, die Statistik verzeichnete ein plus von 2.199 Delikten.
Hemmschwelle, etwas anzuzeigen, sinkt
Um zehn Prozent zurück gingen wiederum Anzeigen wegen Kraftfahrzeugsdiebstählen, konkret von 3.326 Fällen auf 2.994. Einbrüche in Wohnungen und Wohnhäuser gingen gar um 16,4 Prozent zurück. Wurde dieses Delikt 2015 noch 15.516 mal angezeigt, waren es im darauffolgenden Jahr 12.975 Fälle - so wenige, wie zumindest seit 2007 noch nie. Der Großteil der Täter kam aus dem Ausland, Rumänen gefolgt von Serben, Georgiern, Albanern und Kroaten.
Experten hatten bereits im Vorfeld der Veröffentlichung massive Kritik geäußert. So sei der Anstieg vor allem auf das Konto von Kontrolldelikten zurückzuführen. Darauf angesprochen antwortete Sobotka, dass die Statistik natürlich von "drei großen Themen beeinflusst wird". Neben geänderten gesetzlichen Bedingungen - also neuen Tatbeständen - haben sich natürlich auch beispielsweise durch das novellierte Suchtmittelgesetz die "Möglichkeiten der Polizei verändert". Außerdem sei in der Bevölkerung die "Hemmschwelle, Sachen zur Anzeige zu bringen, gesunken".